Texterklärung

Das 10. Kapitel des Jeremiabuchs beginnt mit einer spöttischen Polemik gegen die heidnische Verehrung
von Götterbildern. Ihnen wird das Bekenntnis zu Jahwe, dem Gott Israels, entgegengesetzt. Durch sein Werk in der Erschaffung und Erhaltung von Himmel und Erde weist er sich als der allein Mächtige in der Welt aus. Darum gebührt auch nur ihm die Furcht und Verehrung der Menschen.

Die toten Götzen

Biblische Parallelen zu einer so scharfen Kritik an der Verehrung von Götterbildern enthält vor allem der
zweite Teil des Jesajabuchs (Kap. 40, 44 und 46). Diese Texte, die vermutlich alle um das 6. Jh. v. Chr. ihren Ursprung haben, enthalten jeweils Abschnitte, in denen die Herstellung und der Umgang mit Götterbildern recht genau beschrieben wird: Aus Holz schnitzte man plastische Figuren und verzierte sie mit Edelmetallen und Kleidern (V. 3f.9). Aber aus diesen Schilderungen spricht keine Bewunderung für das Kunsthandwerk. Vielmehr wird es immer mit einem deutlichen sarkastischen Unterton erwähnt. Nur Spott, Unverständnis und Verachtung haben die Propheten dafür übrig (V. 4f.): Wie können Menschen ernsthaft von solchen eigenen Produkten Macht und Hilfe erwarten, die nicht einmal selbst stehen oder gehen können? Es geht um den Unterschied zwischen Schöpfer und Geschöpf. Nur der Gott kann verehrt werden, der als Schöpfer der Menschen Macht über diese hat. Einen echten Gott muss man fürchten können (V. 5.7)! In diesem Sinn ist es immer Götzendienst, wenn wir etwas überhöhen, das von Menschen gemacht ist. Und in diesem Sinn ist das Thema Götzendienst auch um uns herum aktuell. Es müssen nicht immer Bilder und Figuren heidnischer Gottheiten sein, obwohl auch die in Deutschland wieder erstaunlich verbreitet sind.

Der lebendige Gott

Wie schon erwähnt: Das entscheidende Merkmal für den echten Gott ist die Schöpfermacht, die in unserem Text gepriesen wird: Dass der Gott Jakobs lebt, zeigt sich daran, wie er Himmel und Erde erschaffen hat (V. 12) und darin immer noch wirkt, z. B. in gewaltigen Wetterphänomenen (V. 13). Aber Gottes Macht betrifft nicht nur die Natur und den Anfang der Welt, sondern lenkt auch das politische Geschehen. Das will Jeremia mit seiner ganzen Verkündigung dem Volk Gottes deutlich machen: Dem König der Völker entgleitet auch kein Krieg und kein Unrechtsregime (V. 7.10). Wer an diesen Dingen die Macht des lebendigen Gottes erkannt hat, der kann über die religiösen Machenschaften der Götzendiener ringsherum nur noch die Stirn runzeln. Ehrfurcht und Gehorsam verdient nur der Gott, dessen Größe sich in seinem Handeln zeigt. Sie macht seinen Namen bekannt und herrlich unter denen, die ihn erkennen (V. 6f.).

Falscher und richtiger Gottesdienst

Der Gott Israels ist ein eifersüchtiger Gott, der eine ganz exklusive Beziehung zu seinen Menschen haben will. Das zeigt er auch daran, wie er die Ehe gestiftet hat und auf sich selbst bezieht (vgl. Hos 2-4). Er wünscht sich von seinem menschlichen Gegenüber eine Verehrung nach seinen eigenen Maßstäben. Wenn es um den Gottesdienst geht, nimmt er es genau. Wer diesen Gottesdienst leben will, kann nicht daneben auch noch andere „Gottesdienste“ ausüben. Daher müssen die Israeliten den Gottesdienst der sie umgebenden Völker ablehnen und missachten (V. 2f.). Nicht Anerkennung für andere Religionen ist geboten, sondern vor allem eine klare Unterscheidung: Was entspricht dem wahren Gottesdienst und was nicht (V. 3.8.11)? Um das zu unter scheiden, sollen wir von der Gottesfurcht ausgehen. Das bedeutet, sich nur vor der Erhabenheit Gottes zu beugen. Denn diese „Furcht“ schließt ja die Verehrung aller anderen Objekte als dem Schöpfer von vornherein aus (V. 2.7). Zum richtigen Dienst für den lebendigen Gott gehört von hier aus:

  1. Vor allem anderen das Hören auf Gottes Worte (V.1);
  2. Die Anbetung Gottes, also das lobende Aussprechen der Wahrheit über seine Größe und Macht (V.6);
  3. Der Gehorsam gegenüber seinen Geboten (V.7).
Fragen zum Gespräch
  • Welche „Götzen“ verehren die Menschen um uns herum? Ist uns bewusst, dass sie nichts sind? Wo
    „fürchten“ wir sie doch noch?
  • Woran ist heute die Macht des Schöpfers erkennbar, bei den Menschen und in der übrigen Welt? Können wir darüber mit Nichtchristen ins Gespräch kommen?
  • Wie ist an unserem Gottesdienst als Einzelne und als Gemeinde zu erkennen, dass er allein auf den lebendigen Gott ausgerichtet ist und sich nicht nach den Wertmaßstäben unserer Umgebung richtet?

Michael Klein

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