Texterklärung
Jeremia wird trotz seiner Jugend von Gott berufen, fühlt sich aber nicht bereit dazu. Er ist nicht bereit, in einer Zeit von Kriegen und Götzendienst das Volk zur Umkehr aufzurufen. Gott hat aber seine Berufung immer wieder bestätigt. 50 Jahre hat Jeremia zur Buße aufgerufen und alle seine Ankündigungen erfüllen sich. Das macht ihn natürlich nicht sehr beliebt bei seinen Leuten. Der Prophet leidet sehr unter den Anfeindungen und in den folgenden Versen hält er wieder einmal Zwiegespräch mit Gott.
Jeremia, der „weinende“ Prophet
In welcher tiefen Krise befindet sich Jeremia, dass er sein eigenes Leben in Frage stellt? Sein Geburtstag ist kein Festtag für ihn! Er wäre lieber gar nicht zur Welt gekommen. Er hat sich nichts zu Schulden kommen lassen und doch sind alle gegen ihn. Jeremia wird von allen „gemobbt“ und er ist am Ende.
Wie schmerzhaft ist es auch für uns, wenn wir zu Unrecht beschuldigt, von Mitmenschen übergangen und
als Außenseiter abgestempelt werden? Hast du dich auch schon einmal so richtig im Stich gelassen gefühlt? Du hast jemandem total vertraut – dann kamen Schwierigkeiten, du hoffst auf Hilfe – und da ist der andere weg, hat dich einfach allein gelassen. Solche Erfahrungen sind bitter und sehr schmerzhaft! Du betest und bemühst dich, in der Nachfolge Jesu treu zu sein, und bei Problemen redet Gott nicht, er hat dich scheinbar vergessen und im Stich gelassen.
In dieser Lage befindet sich Jeremia! Der Prophet macht das einzig Richtige: Er wendet sich Gott zu mit allen seinen Klagen und Fragen. Und das darf und soll auch unsere Haltung sein: Alle Klagen und Nöte unseres Lebens vor Gott auszubreiten, ihm hinzuwerfen, ihn anzurufen.
Ein Gott, der auch frustriert ist
Gott ist frustriert, weil er im Alltag der Menschen nicht mehr vorkommt. Gott lässt das Gericht zu, damit die Menschen wieder zu ihm umkehren. Es kommt uns ja in der gegenwärtigen Weltlage auch so vor, als ob Gott jetzt schon Gericht hält. Und wir können nicht verstehen, warum so viele Glaubensgeschwister leiden müssen und scheinbar auch vom Gericht Gottes betroffen sind.
Jeremia, im Selbstmitleid?
Mit seiner Frustration und seiner Not wendet sich der Prophet wieder Gott zu. Er gibt ihm auch die Schuld an seinen schwierigen Umständen und kämpft mit Selbstmitleid: Keiner mag mich, obwohl ich doch versuche, alles richtig zu machen. Er will Rache, sein Umfeld soll den Zorn Gottes spüren. Er beschuldigt Gott für seine Einsamkeit, dass er keine Freude am Leben hat. Seine Schmerzen hören nicht auf, obwohl er doch mit großer Hingabe und Zuversicht auf den Herrn gehört hat. Jeremia hat keine Hoffnung mehr und will aufgeben.
Ja, so können wir uns fühlen! Wenn Situationen im Alltag eintreten, mit denen wir nicht klarkommen: Medizinische Diagnosen, die uns aus der Bahn werfen, Familienstreit, der sich nicht beenden lässt, finanzielle Krisen. Sind wir auch ein Jeremia, der im Selbstmitleid versinkt, der allen die Schuld zuweist und fest davon überzeugt ist, dass er alles richtig gemacht hat? Ein Mann, der sogar Gott für alle seine Not verantwortlich macht?
Ein Gott, der das Ende kennt
Der Herr lässt Jeremia schon einmal einen Blick in die Zukunft machen: „Alles wird ein gutes Ende nehmen!“ Wenn wir mit allen unseren Sorgen und Klagen zum Vater im Himmel gehen, dann wird er auch unsere Blickrichtung ändern. Wir verstehen vieles nicht, aber wir dürfen Gottes Perspektive sehen. Sein Ziel ist ewige Gemeinschaft seiner Kinder mit ihm und da darf ich dabei sein.
Wir werden getröstet und bekommen neuen Mut, wenn wir auf das Ziel Gottes schauen: die Zeit mit ihm im Himmel. Schau nach vorn, wer ist am Ende der Sieger? – Gott behält den Überblick! Jeremia bekommt auch die Zusage, dass Gott ihn retten und beschützen wird! Und so wie Jeremia dürfen auch wir erkennen, dass Gott der souveräne Herr ist! Gott löst die vielen Fragen unseres Lebens so auf, dass er uns zeigt, wer er ist: Der Herr, der den Überblick hat und dem der Sieg gehört!
Fragen zum Gespräch
- Jeremia, der weinende Prophet: Darf ich mit Klagen, Frust und Zorn auch vor Gott kommen? Hält Gott das aus?
- Wen mache ich für meine Lebensumstände verantwortlich? Habe ich mir das erarbeitet, wenn es mir gut geht? Und wenn es mir schlecht geht – ist dann Gott schuld?
- Darf Gott mit meinem Leben alles machen, was er für richtig hält?
Wilbirg Rossrucker