Texterklärung

Testamente werden nicht mehr geändert, wenn sie rechtsgültig sind. Sobald die Person, die das Testament erstellt hat, verstorben ist, liegt es fest. Nun stirbt zwar Gott nicht, aber Abraham ist gestorben, und die Verheißung Gottes an Abraham ist damit rechtsgültig und wird nicht mehr verändert. Gesetz meint nicht nur die Zehn Gebote, sondern bezieht sich auf die gesamte Thora. Die galatische Krise wurde dadurch ausgelöst, dass es Christen gab, die die Auslegung vertraten, man müsse erst Jude werden, inklusive Beschneidung und Befolgung der Thora, ehe man vollgültig zu Christus gehören kann.

Gottes Testament

Wer etwas erbt, kann normalerweise nichts dafür, dass er Erbe ist. Kinder sind automatisch die Erben ihrer Eltern. Selbst wenn ein Testament den Kindern aus irgendwelchen Gründen das Erbe streitig machen will, es gibt einen gesetzlich festgesetzten Pflichtteil, der nicht gekürzt werden kann. Der Erbe kann also nichts dazu beitragen, dass er Erbe ist, einfach seine Existenz als Kind des Erblassers macht ihn dazu. Auch ein Erbe, der nicht mit dem Erblasser verwandt ist, kann nichts dafür, dass er etwas erbt. Es ist die freie Entscheidung des Erblassers, jemandem sein Erbe zu überlassen.

Dieses Erbrecht galt auch schon im römischen Reich. Christen sind Kinder und Erben Gottes (V. 26+29).
Diese Aussage ist Paulus unglaublich wichtig. Die zu Christus gehören, sind Erben. Ihnen steht das zu, was Gott Abraham versprochen hat: Segen und Heil für alle Völker auf Erden. Wer zu Christus gehört, ist mit hinein genommen in den Bund, den Gott mit Abraham schließt. Er ist ein Gesegneter, einer, den Gott ohne besondere Vorgeschichte ausgewählt hat. Weil die Verheißung an Abraham wie ein Testament Gottes ist, bleibt sie gültig. Es wird nicht mehr geändert, egal, was später noch kommen mag.

Das Gesetz

Das Gesetz steht in Spannung zum „Erbe sein“. Erbe ist man einfach, wenn man im Testament bedacht
wird. Anders wäre es aber, wenn man eine Vorbedingung erfüllen muss, um sein Erbe antreten zu können.
Manchmal gibt es Testamente, die den oder die Erben zu bestimmten Dingen verpflichten. Immer wieder wird verfügt, dass man z. B. das Erbe eines Hauses nur dann antreten kann, wenn einer weiteren Person, die nicht direkt Erbe ist, ein kostenfreies Wohnrecht in diesem Haus gewährt wird. Solche Regelungen kommen in heutigen Testamenten oft vor. Viele Christen in Galatien haben das Gesetz Gottes, die Thora, als so eine Vorbedingung verstanden. Paulus hat gelehrt: wer zu Christus gehört, steht unter der Verheißung Gottes. Andere Missionare lehrten: Wer zuerst Jude wird und dann zu Christus gehört, steht unter der Verheißung Gottes. Jude werden schließt ein, sich beschneiden zu lassen – für Griechen und Römer ein undenkbarer Vorgang – und sich zu verpflichten, die Thora einzuhalten. Und zwar alle 613 Gebote und Verbote, die aus den fünf Büchern Mose herausgelesen werden können. Nur, wer beides tut: An Christus glauben und das Gesetz halten, steht unter dem Segen Gottes.

Die Frage

Wie ist es nun richtig – hat Paulus Recht oder haben die anderen Recht? Müssen Christen die Gebote Gottes einhalten, damit sie echte Christen sind? Das kommt darauf an: Das Gesetz Gottes kann uns nur sagen, was wir falsch machen. Gottes Gebote zeigen, wo wir mit Gott im Streit liegen und seinem Willen nicht entsprechen.

Sie helfen aber nicht dabei, daran etwas zu ändern. Wenn man auch sein ganzes Leben lang nie etwas gestohlen hat, wiegt das doch das eine Mal nicht auf, an dem man es doch tut. Einmal das Gebot Gottes zu übertreten, kann nicht rückgängig gemacht werden. Durch genaues Einhalten der Gebote macht niemand vergangene Fehler wieder gut. Paulus nennt das: „Das Gesetz kann nicht lebendig machen.“ Trotzdem ist es wichtig, sich an Gesetze zu halten, auch an Gottes Gesetze. Nur macht uns das nicht zu Menschen, die vor Gott richtig sind. Das kann nur der Glaube an Jesus Christus. Glauben und Frieden mit Gott werden aber geschenkt, nicht erarbeitet – beides ist Erbteil, weil Gott beides wie ein Testament schon an Abraham versprochen hat.

Die Folgen

Glauben – zu Gott gehören – hat keine Vorbedingungen, aber es hat Folgen. Glaube überwindet Grenzen
zwischen Menschen. Wir sind alle eins in Christus. Glaube verändert. Es ist nicht mehr die Frage, ob man
Gebote halten muss, sondern die Liebe Gottes bringt uns dazu, selbst aus Liebe zu handeln. Das zeichnet die Erben der Verheißung aus.

Fragen zum Gespräch
  • Ein Testament mitbringen – Entwürfe und Vorlagen gibt es im Internet.
  • Angesichts aktueller Situationen über die Bedeutung von Regeln sprechen.
  • Neigen wir dazu, Regeln aufzustellen, die das Geschenk der Gotteskindschaft an Bedingungen knüpfen? Wenn ja, warum ist das so?

Thorsten Müller, Pfarrer

Die Kurzbibelschule zum Galaterbrief
In vier Videos entfaltet Martin Schrott den Galaterbrief. Die Videos sowie umfangreiches Material dazu gibt es kostenlos auf der Website von bibelbeweger.de
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