Texterklärung

Traditionell wird der Epheserbrief ca. auf das Jahr 62 n. Chr. während der ersten Gefangenschaft des Paulus datiert. Das macht durchaus Sinn, aber ehrlicherweise muss man zugeben, dass der Text selbst dazu keine verlässlichen Angaben macht. Nichtsdestotrotz hat der Inhalt des Briefes in knapp 2000 Jahren Kirchengeschichte durchaus seine Wirkung entfaltet, beschäftigt er sich doch eingehend mit dem Thema Gemeinde und wie sich ihr Verhältnis zu Christus und daraus dann das Leben des einzelnen Christen gestaltet. Lauter Fragen, die bis heute brennend aktuell sind.

Grüß Gott (Vers 1-3)

Mit einem herzlichen „Grüß Gott“ geht der Brief, antiken Briefschreibegewohnheiten entsprechend, los. Der Apostel startet dann mit einem kurzen Lob Gottes für den Segen, den er uns durch Christus zuteilwerden lässt (V. 3).

Was wir sind und was wir haben (V. 4-14)

Bereits ab Vers 4 geht es theologisch in die Vollen. Dabei fällt auch dem Leser des deutschen Textes auf, zumindest in der Lutherversion, dass eine Formulierung immer wieder auftaucht: „in ihm“ (Verse 4, 7, 11, 13). In der griechischen Originalversion wirkt es noch ein bisschen wuchtiger und stakkatohafter – so, als wollte Paulus es seinen Lesern richtig einhämmern. Diesem „in ihm“ folgen dann jeweils starke Begriffe, mit denen der Autor klarmachen will, was wir in Christus sind und haben: Wir sind Erwählte (V. 4), Vorherbestimmte (V. 5), Erlöste (V. 7), von Sünde befreite (V. 7), Begnadigte (V. 7-8), Wissende (V. 9), Erben (V. 11), Hörer des Wortes der Wahrheit (V. 13), Versiegelte (V. 13).

Was wir noch brauchen oder was noch mehr werden kann (V. 15-19)

Obwohl wir „in ihm“ so reich Beschenkte sind, gibt es für Paulus dennoch Grund, für noch mehr zu beten. Er freut sich über den Glauben der Epheser, von dem er gehört hat und liegt dennoch Gott in den Ohren, ihnen noch mehr zu geben:

  • mehr Geist,
  • mehr Weisheit,
  • mehr Offenbarung,
  • mehr Erkenntnis,
  • mehr „erleuchtete Augen des Herzens“.
Er ist der Gipfel (V. 20-23)

Alles, was bisher gesagt wurde, gipfelt für den Apostel in dem Einen. In ihm hat Gott gewirkt (V. 20), ihn auferweckt (V. 20), ihn eingesetzt über alle und alles (V. 20-22), ihn zum Haupt der Gemeinde gemacht (V. 22-23). Die Herrschaft über die Gemeinde und die universale Herrschaft über alles, was es sonst gibt, ist nun in der Hand dieses Einen: Christus.

Von Christus her beten – denken – handeln

Christus ist sozusagen die „Klammer“ des Kapitels. Von ihm kommt alles her, durch ihn ist alles geschehen und auf ihn läuft alles hinaus. Das hört sich jetzt sehr fromm an und irgendwie auch ein bisschen „verklausuliert“. Dennoch ist es so. Paulus´ eigenes Leben, sein Beten, sein Denken, sein Handeln sind von dieser Weltsicht geprägt und er wünscht sich für die Gemeinde, dass es dort ebenso ist.

Die Gemeinde darf leben im vollen Bewusstsein dessen, was ist und was sie hat (V. 4-14):
Sie ist reich beschenkt und es lohnt sich, die Begriffe aus Vers 4-14 einmal gemeinsam zu meditieren, sie mit Leben zu füllen und zu überlegen, was das für uns bedeutet.

Die Gemeinde darf und soll danach streben, zu wachsen, zu reifen, weiterzukommen (V. 15-19):
Für uns westlich geprägte, erfahrungsorientierte Menschen des Jahrhunderts, die auch in geistlicher Hinsicht vor allem nach prägenden Erlebnissen und berührenden Erfahrungen suchen, ist es doch einigermaßen erstaunlich zu lesen, dass die Dinge, für die der Apostel betet, so rationalistisch (= von rationalem Denken bestimmt) daherkommen. Natürlich nennt er zuerst den Heiligen Geist. Dieser soll dann aber lauter Dinge bewirken, die etwas mit Verstehen, Begreifen, Erfassen, Durch schauen, Erkennen zu tun haben. Alles Dinge, die in unserem Gehirn, in unserem Denken stattfinden, in der Antike noch mit dem Wort „Herz“ umschrieben. Genau da soll es erleuchtet, also hell werden. Kein Wunder, dass wir Schwaben die allseits bekannte Redewendung „jetzt wird‘s Dag“ verwenden, wenn jemandem ein Licht
aufgeht.

Die Gemeinde lebt heute schon unter der Herrschaft Christi und lebt mit ihm auf seine kommende Weltherrschaft zu (V. 20-23):
Was für eine Perspektive! Eine Perspektive, bei der sich falsche Demut und Zurückhaltung in Bezug auf ein fröhliches „Einmischen“ in der Welt und für die Welt ebenso verbietet wie ein überhebliches Auftrumpfen, denn es geht nicht um unsere Herrschaft, sondern um seine.

Fragen zum Gespräch
  • Lassen Sie doch die Zuhörer in den jeweiligen Abschnitten die Begriffe selbst herausfinden, also: Was
    will der Apostel seinen Lesern klarmachen, was sie „in Christus“ haben?
  • Fragen Sie dann nach, was die jeweiligen Begriffe für die Zuhörer bedeuten?
  • Wofür betet Paulus, was noch mehr werden kann in der Gemeinde? Was könnte das für uns bedeuten? Wie beten wir dafür?

Cornelius Haefele, Personalvorstand

In unserer neuen Reihe eröffnen wir einen ganz neuen Zugang zum Epheserbrief.
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