Texterklärung

Jesu Einzug in Jerusalem wird gleich zweimal im Kirchenjahr bedacht: Am ersten Advent bereitet die Geschichte auf Jesu Ankunft bzw. Wiederkunft vor. Am Palmsonntag steht Jesu Weg nach Jerusalem als ein Weg ins Leiden und Sterben und zu unserem Heil im Mittelpunkt. Mit Jesus erscheint der bereits von den Propheten im Alten Testament angekündigte, erwartete, und gottgesandte Gesalbte (Messias). Anders als von vielen erwartet, kommt er aber nicht mit äußerer Macht und Herrlichkeit, sondern als Friedenskönig.

Der Herr kommt – auf einem Esel – als Messias! (V. 28-35)

Der letzte Abschnitt des irdischen Weges Jesu steht mit der Wanderung hinauf nach Jerusalem kurz vor seinem Ziel. Jesus zieht auf einem Eselsfüllen in die Hauptstadt Israels ein. Damit macht er deutlich, dass er sanftmütig und friedlich kommt und nicht mit Waffengewalt und triumphierend wie ein Kriegsherr. Für die Schrift kundigen damals war es offensichtlich: Jesus hat den Anspruch, der Friedenskönig zu sein, den der Prophet Sacharja angekündigt hatte. Jesus macht deutlich: In meiner Person ist der von Gott gesandte Gesalbte (=hebr. Messias, griech. Christus) gekommen. Deshalb: „Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin.“ (Sach 9,9)

So ist der Einzug in Jerusalem letztlich eine Zeichenhandlung, mit der Jesus noch einmal eindringlich zum
Glauben aufruft: Erkennt mich doch als den von Gott Gesandten! Entsprechend betont Lukas, dass alles, was hier geschieht, nach Gottes Willen geschehen muss.

Demgemäß finden die Jünger alles vorbereitet vor (V. 32; vgl. 22,13). Der Palmsonntag und die Adventszeit wollen uns diese Botschaft nahebringen: In Jesus ist Gott selbst in unsere Welt gekommen, um uns Frieden zu bringen.

Bereiten wir dem Friedenskönig einen angemessenen Empfang (V. 36-40)?

Anstelle der großen Volksmenge breiten nach Lukas nur die Jünger ihre Kleider vor Jesus aus und bringen
damit ihre Ehrerbietung für ihn als den einziehenden König zum Ausdruck (vgl. 2Kö 9,13). Und anders als
bei Matthäus und Markus sind es ebenfalls allein seine Anhänger, die Gott für die Wundertaten loben, die er durch Jesus getan hat. Viele davon hatten sie ja selbst miterlebt (V. 37).

Für Lukas beginnt sich hier, der Kreis zum Beginn seines Evangeliums zu schließen: Indem die Jünger Gott loben, führen sie das Gotteslob der Hirten in der Weihnachtsgeschichte weiter. Diese hatten es angestimmt, nachdem sie das Kind in der Krippe vorgefunden hatten, wie es ihnen der Engel angekündigt hatte (Lk 2,20). Die Jünger geben Gott mit Worten aus Psalm 118,26 die Ehre. Damit bekennen sie, dass sie in Jesus den verheißenen Messias sehen (V. 38). Gleichzeitig klingt in ihrem Jubel das Lob der Engel auf dem Feld von Betlehem wieder an (Lk 2,14: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.“). Wo Jesus als der Friedenskönig Gottes aufgenommen und geglaubt wird, da ist nicht nur Frieden im Himmel, sondern auch Frieden auf Erden! Doch damals wie heute sind die Reaktionen auf Jesus geteilt: Auf der einen Seite offene Augen, Türen und Herzen, Anbetung und Freude – wie bei den Jüngern; auf der anderen Seite Unglaube und Ablehnung. Jesus selbst hat beides erfahren. Die Pharisäer stellen seine Sendung durch Gott in Frage (V. 39). Für sie ist sein Anspruch letztlich Gotteslästerung und todeswürdig (V. 47). Deshalb soll er seinen Jüngern den Mund verbieten. Mahnend kündigt Jesus an, dass sie bald die Folgen ihrer Ablehnung erfahren werden (V. 41-44; vgl. die Zerstörung Jerusalems 70 n. Chr.).

So wird Jesu Einzug in Jerusalem zur Frage an uns selbst: Empfangen wir Jesus als den, der gekommen ist,
um uns Gottes Frieden zu bringen? Bereiten wir ihm einen angemessenen Empfang, indem wir ihm unsere
Herzen öffnen? Lassen wir ihn neu bei uns ankommen! Dann hat sein Weg nach Jerusalem ans Kreuz sein Ziel bei uns erreicht!

Fragen zum Gespräch
  • Austauschrunde: Ist Jesu Einzug in Jerusalem für mich persönlich eher ein Advents- oder ein Passionstext?
  • Tragen wir zusammen, als wer Jesus landläufig oft gesehen wird.
  • Kommen wir ins Gespräch: Wie hätte ich Jesus empfangen? Wer ist Jesus für mich?
  • Was können wir tun, um Jesus bei uns (in unserem Umfeld, Ort …) einen angemessenen Empfang
    zu bereiten?

Hartmut Bosch

Diesen Beitrag teilen