Texterklärung

„Hassen“ (V. 9) heißt in der Sprache der Bibel „Nicht lieben“. Wo rechtfertigen wir in der christlichen Gemeinschaft unsere „Nicht-Beziehung“? „Lieben“ – dazu ein Zitat von Friedrich von Bodelschwingh: „Über der Arbeit der dienenden Liebe, die aus dem Glauben kommt, erstarkt das inwendige Leben.“ „Licht“ und „Finsternis“ (V. 8-11): Licht ist Gottes Bereich (vgl. 1Joh 1,5), Finsternis das Gegenteil. Jesus scheint als Licht der Welt (Joh 8,12). Wer mit ihm lebt, wird selbst zum Licht (Mt 5,14ff.).
„Meine Kindlein“ (V. 12, nach LU 64 „Kindchen“; siehe auch Anmerkung der ELB); kommt im Johannesbrief siebenmal vor (1Joh 2,1.12.28; 3,7.18; 4,4; 5,21). Sonst nur noch in Joh 13,33. Nachdem Judas gegangen
war, entstand eine neue vertiefte Gemeinschaft und Jesus spricht vom neuen Gebot. Die Gemeinde, an
die Johannes schreibt, hat einige „Gott-Kenner“, die behaupten, Jesus zu kennen, obwohl sie keine Beziehung zu ihm haben. Johannes will die Empfänger zu einer Beziehung zu Jesus führen, damit ihr Leben von seiner Liebe geprägt ist.

Der Echtheitsbeweis (V. 7-11)

Wir lesen vom alten und neuen Gebot. Das alte Gebot ist das Wort aus 3. Mose 19,18. Dieses Wort ist für das ganze Gesetz und die Propheten von großer Bedeutung. Neu ist das Gebot, weil nach der Fußwaschung die Liebe Jesu anschaulich wurde: „wie ich euch geliebt habe“ (Joh 13,34). Diese Liebe ist von Anfang an das Erkennungszeichen der ersten Christen (Joh 13,35). Durch die Frucht des Geistes können wir mit dieser Liebe in der Finsternis leuchten (vgl. Mt 5,16; Phil 2,14ff.). Da das Gebot der Liebe uns täglich neu herausfordert, ist es „das neue Gebot“. Liebe zeigt sich in der Hingabe (1Joh 3,18). „Nicht lieben“ ist ein Gemeinschafts-Killer. Johannes geht weiter und sagt: „Der ist und wandelt in der Finsternis.“ Wir können nur Gott bitten, dass er uns immer wieder neu hilft, diese Liebe zu erneuern. Vielleicht hilft
ein Gespräch, damit die Liebe erneuert wird.

Der geistliche Zuspruch (V. 12-14)

Nun wendet sich Johannes an verschiedene Generationen der geistlichen Reife. Gerade bei allen Herausforderungen ist es wichtig, dass wir niemals vergessen, was Jesus für uns getan hat. Dabei kann die erste Generation „Kindlein“ auf alle Leser bezogen werden. Die Ursache der Vergebung liegt allein bei Jesus; „um seines Namens willen“ (V. 12). „Säuglinge“ können höchstens laut stark nach der Milch schreien (1Petr 2,2). Es ist, als ob Johannes sagen will: „Es ist nicht schwer. Jesus macht weiter. Vergesst Gottes Liebe und sein beständiges Wort in euch nicht.“

„Kinder“ können eine Beziehung aufbauen, Abba rufen und wissen: Kein Vater bietet Steine für Brot (Mt 7,9ff.). Bei den „Vätern“ lobt Johannes nicht die „Glaubenstaten“, sondern die Gottesbeziehung. Sie zeigt sich im Halten der Gebote (V. 3), im Fruchtbringen (Kol 1,9ff.) und in der Ermutigung anderer, wie Paulus es an Timotheus getan hat (2Tim 1,2). Den „jungen Leuten“ im Glauben spricht Johannes zu, dass sie im Glauben den Bösen besiegt haben. Gerade sie stehen im Visier des Feindes und bekommen die Zusage der Stärke von Gottes Wort (Eph 6,10.11.13). Das Wort „bleibt“. Jesus wohnt in ihnen (Eph 3,17) und ist stärker als der, der in der Welt ist (1Joh 4,4).

Ein Platz für die große Liebe (V. 15-17)

Nach dem Zuspruch kommt der Anspruch. In unserem Herzen ist nur Platz für eine Liebe: Gott oder die Welt! Johannes deutet an, wie es „in der Welt“ zugeht. Sie ist nicht „liebenswürdig“. Die Neue Genfer Übersetzung schreibt so: „Nichts von dem, was diese Welt kennzeichnet, kommt vom Vater.“ Menschen werden geprägt von ihrem übersteigerten Ehrgeiz. Johannes ist kompromisslos: Das kommt nicht vom Vater, sondern ist ein Kennzeichen der Rebellion gegen Gott. Mit diesen Zielen haben Gottes Kinder nichts zu tun. Damals sind Christen in ihrer Umwelt aufgefallen – und heute? Eigentlich meint man immer noch, dass sich Christen anders verhalten. Die Liebe Gottes in die Welt hineinzubringen und sie dadurch mitzugestalten, ist unsere richtige Zuwendung zur Welt. Wie das im Einzelnen aussieht, ist eine Frage, die uns täglich herausfordert. Aber die Grundlage ist immer die Gleiche: „Gott ist Liebe, und wer sich von der Liebe bestimmen lässt, lebt in Gott, und Gott lebt in ihm.“ (1Joh 4,16 nach NGÜ).

Albrecht Rothfuß, Gemeinschaftsreferent
Metzingen

Fragen zum Gespräch

  • Welche Stärken sehen wir in den verschiedenen Generationen? Können wir etwas tun, um das Auseinandertriften aufzufangen? Wie kann es uns gelingen, das Miteinander zwischen Alt und Jung zu fördern?
  • Früher war es wichtig, sich von der „Welt“ abzuschotten. Sind wir heute in einer gegenteiligen Gefahr?
  • Was früher tabu war, ist heute akzeptabel. Sind wir da angepasst oder wurden wir „verweltlicht“?

Viertel-Schtond

Entdecke auch die „Viertel-Schtond“ mit Cornelius Haefele zu diesem Text.

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