Texterklärung

Paulus schreibt diesen Brief mit einer ziemlichen Wut im Bauch. Der Grund ist ganz einfach: Die Gemeinden in Galatien werden durch äußere Einflüsse in ihrem Glauben verunsichert. Die Galater sind junge Christen, die noch nicht im Glauben gefestigt sind. Die Verunsicherung wird durch sogenannte Judaisten in die Gemeinden getragen. Sie brandmarken Paulus als falschen Apostel und fordern die Galater auf, sich an die Vorschriften des jüdischen Gesetzes zu halten. Paulus macht in seinem Brief klar: Allein der Glaube an Jesus reicht, um mit Gott im Reinen zu sein.

Gott allein die Ehre (Vers 1-5)

Paulus ist es grundlegend wichtig, Gott zu ehren. Die Judaisten warfen Paulus vor, er sei kein richtiger
Apostel. Apostel meint wörtlich „Gesandter“ und hat etwas damit zu tun, dass ein Mensch eine besondere
Beauftragung von Gott hat. Diese Voraussetzung erfüllten zuallererst die Jünger Jesu, die am Ende ihres
gemeinsamen Weges von ihm beauftragt werden, von ihm weiterzuerzählen (Mt 28,18-20). Paulus sieht sich infolge der Begegnung mit Jesus vor Damaskus (Apg 9) als Berufener und damit in einer Linie mit den Jüngern (1Kor 9,1; 15,8-10). Aufgrund seiner eigenen Geschichte macht er klar: Ich habe die Jesus-Freunde verfolgt. Was für einen Grund hätte ich gehabt, plötzlich die Seiten zu wechseln und pro Christ zu sprechen? Meine 180-Grad-Wende lässt sich doch nur dadurch erklären, dass Jesus selbst mir begegnet ist, mir die Augen für ihn geöffnet und mich beauftragt hat, von ihm zu erzählen.
Weil das bis heute so ist, dass niemand aus sich selbst heraus Jesus als Retter erkennen kann – das ist mit der „bösen Welt“ (Vers 4) gemeint –, ist und bleibt es ein Wunder, wenn ein Mensch anfängt, Gott zu vertrauen. Darum gebührt Gott allein die Ehre.

Der frohen Botschaft die Exklusivität (Vers 6-10)

Für Paulus hat diese Botschaft eine hohe Exklusivität. Nichts an ihr darf verfälscht werden. Und darum verurteilt er alle, die das Evangelium verkehren wollen, aufs Schärfste. Er reibt sich verwundert die Augen, warum die Galater sich von dieser befreienden Botschaft der voraussetzungslosen Gnade Gottes so einfach abwenden (Vers 7). Als „verflucht“ (Vers 8+9) bezeichnet er diejenigen, die behaupten, der Glaube an Jesus allein reiche nicht aus, um zu Gott zu gehören. Damit überantwortet er diese Menschen dem Gerichtszorn Gottes und bringt damit zum Ausdruck: Wer aus der frohen Botschaft ohne „Wenn und Aber“ eine Botschaft mit „Wenn und Aber“ macht, muss sich damit vor Gott rechtfertigen. Paulus selbst sieht sich als Knecht von Jesus. Er ist ihm also mit Haut und Haar verpflichtet. Er macht das deutlich, um klarzustellen: Die Botschaft ist so exklusiv, dass ich ihr alles unterordne. So begegnet er dem Vorwurf, dass seine Verkündigung den Zweck hat, sich bei Menschen beliebt zu machen.

Der Berufung die ganze Aufmerksamkeit (Vers 11-24)

Die Berufung zum Apostel hat viel mit der eigenen Lebensgeschichte zu tun. Paulus entfaltet sie in wenigen Sätzen, um klarzumachen, was ihn antreibt. Einst war er ein Verfolger der Gemeinde Gottes, ein Verfechter des Gesetzes. Die Einhaltung der Gebote war sein Ideal. Aber durch die Begegnung mit Jesus änderte sich dieses Ideal. Vom kompromisslosen Verfolger der Jesus-Leute, die sich nicht an die Gebote hielten, wurde er zum hingebungsvollen Verkündiger des Evangeliums, das Menschen von der Last der Gebote befreit und sie zu Jesus-Leuten macht.
Diese Berufung muss für Paulus so eindrücklich gewesen sein, dass er seinen Auftrag nicht erst in einem
Gremium besprach, sondern gleich loslegte (Vers 16f.). Die Auftragsklärung und -ermächtigung zur Verkündigung unter den Heiden viele Jahre später beschreibt er im zweiten Kapitel, in dem er dann auch über seine Auseinandersetzung mit Petrus berichtet, den er schon einmal für gut zwei Wochen besucht hatte (Vers 18).

Fragen zum Gespräch
  • Wo erlebe ich in meinem Umfeld, dass es in geistlichen Dingen „menschelt“, es mehr um uns als um Gott geht? Wie können wir neu lernen, Gott die Ehre zu geben?
  • Der Glaube allein reicht aus, um zu Gott zu gehören. Welche „Wenn und Aber“ sind mir schon begegnet? Wo habe ich vielleicht so ein Denken entwickelt?
  • Zu was hat Gott mich berufen? Was ist meine Aufgabe? Mit welcher Leidenschaft verfolge ich sie?

Johannes Kuhn, Landesreferent

Die Kurzbibelschule zum Galaterbrief
In vier Videos entfaltet Martin Schrott den Galaterbrief. Die Videos sowie umfangreiches Material dazu gibt es kostenlos auf der Website von bibelbeweger.de
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