Was uns dort erwartet und worauf wir uns freuen dürfen

Ein Mann und seine Frau schaffen es beide auf über hundert Jahre. Doch eines Tages ist es auch für sie soweit: Ihr letztes Stündlein schlägt. Im Himmel angekommen, sind sie hellauf begeistert. So großartig und herrlich hätten sie es sich nicht vorgestellt. Alles, was sie sich jemals erträumt haben, wird bei weitem übertroffen. Da zwickt der Ehemann seine Frau in die Seite und meint zu ihr: „Wenn du uns nicht jeden Tag mit deinen Vitamin und Knoblauchpillen vollgestopft hättest, dann hätten wir das schon dreißig Jahre früher haben können.“

Zuallererst ist Ewigkeit ein Ehrentitel Gottes und ewiges Leben damit die Teilhabe an Gottes Leben.

Uwe Rechberger

Willkommen im Himmel: Sie sind berufen zur Ewigkeit! Das soll nicht heißen, dass Sie ab heute – getreu nach dem Motto „der Pfarrer hat’s gesagt“ – Ihre Vitamintabletten, Knoblauchpastillen und sonstigen Medikamente absetzen, wohl aber, dass wir uns auf das, was Gott für uns bereithält, freuen dürfen. Was aber hält Gott für uns bereit? Worauf dürfen wir uns freuen? Was erfahren wir in der Bibel überhaupt über unsere himmlische Heimat?

Zeit und Ewigkeit

Zurecht verstehen wir Ewigkeit und ewiges Leben zunächst zeitlich bzw. „überzeitlich“ im Sinne eines nicht endenden Lebens bei Gott: „Dann werden wir für immer beim Herrn bleiben“ (1Thess 4,17). „Für immer“: Das hat etwas mit ewig zu tun. Entscheidend ist jedoch, was folgt: „beim Herrn bleiben“. Hier sind wir im Herzen der Ewigkeit angekommen. Ewigkeit und ewiges Leben wollen erst in zweiter Linie „zeitlich“ verstanden werden. Zuallererst ist Ewigkeit ein Ehrentitel Gottes und ewiges Leben damit die Teilhabe an Gottes Leben – an dir, Gott, „der du allein der Ewge heißt“ (Jochen Klepper, EG 64,6). JHWH ist „der ewige Gott“ (Jes 40,28) und zusammen mit seinem Sohn Jesus Christus ist JHWH in Person „das ewige Leben“ (1Joh 5,20). Ewigkeit ist deshalb eine Auszeichnung, wie sie allein Gott gebührt. Gott ist die Ewigkeit. Wenn wir uns auf ein ewiges Leben nach dem Tod freuen, dann ist dies nicht nur ein niemals endendes Leben, sondern ein Leben in Gott und in seiner Fülle. Damit liegt auf der Hand, wie ein gemeinsames ewiges Leben beginnen muss: mit einer himmlischen Hochzeit.

Als christliche Gemeinde sollen wir einmal mit Jesus Christus zusammen sein und Gemeinschaft haben, wie sie tiefer und schöner nicht sein kann.

Uwe Rechberger
Eine himmlische Hochzeit?

„Wir wollen uns freuen und jubeln und ihm Ehre erweisen. Denn die Hochzeit des Lammes steht bevor, und seine Braut hat sich bereit gemacht“ (Offb 19,7). Gott heißt uns in seiner Ewigkeit mit einer himmlischen Hochzeit willkommen. Die Ehe zwischen Mann und Frau ist, zumindest so, wie sie von Gott ohne unsere menschlichen Unzulänglichkeiten gedacht war, die tiefste Form von Beziehung. Deshalb wählt Gott sie auch als Bild für seine Ewigkeit mit uns. Immer wieder bezeichnet Jesus sich selbst als unseren Bräutigam und die Gemeinde als seine Braut, also die Gläubigen aller Zeiten und Orte dieser Welt zusammen. Als christliche Gemeinde sollen wir einmal mit Jesus Christus zusammen sein und Gemeinschaft haben, wie sie tiefer und schöner nicht sein kann.

Heimat Himmel: Ein Blick durch das Schlüsselloch „Offenbarung 21“

Die Bibel ist zurückhaltend mit ihren Schilderungen der himmlischen Heimat und doch lässt sie uns mehrfach wie durch ein Schlüsselloch hineinblicken. Am deutlichsten in Offenbarung 21,1-5a: „Dann sah ich einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, und das Meer ist nicht mehr da. Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabkommen, bereitet wie eine geschmückte Braut für ihren Mann. Und ich hörte eine große Stimme von dem Thron her, die sprach: Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden seine Völker sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein; und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. Und der auf dem Thron saß, sprach: Siehe, ich mache alles neu!“

Die Bibel lässt uns wie durch ein Schlüsselloch in die Ewigkeit blicken.
Neuer Himmel, neue Erde

Johannes beginnt seine Schilderung der Ewigkeit mit einer Überschrift, die 1. Mose 1,1 aufgreift, als Gott
„Himmel und Erde“ schuf. Die Zusammenstellung von „Himmel und Erde“ ist ein poetisches Stilmittel (Merismus: zwei Teile für das Ganze). Nicht nur die Wolken werde neu und nicht nur der Boden, sondern mit „Himmel und Erde“ wirklich alles. Nichts wird mehr sein, wie es einmal war.

Das Meer ist nicht mehr da: Weshalb ausgerechnet das Meer? In 1. Mose 1,1 schafft Gott ja auch „Himmel und Erde“ und dann folgt eine ganze Liste an Konkretionen, verteilt über 7 Tage. Weshalb gibt es hier keine Liste? Weil es genügt zu wissen, dass das Meer nicht mehr da ist. Das Meer steht in der Bibel weniger für Sonne, Strand und Palmen (die wir natürlich gerne mitgenommen hätten in die neue Heimat), als vielmehr für jenes absolute Chaos, für das selbst ein Tsunami nur eine vage Andeutung ist: für all das, was diese Welt und uns unterkriegen will. Das Chaos dieser Welt ist jetzt selbst dem Untergang geweiht. An die Stelle des Chaotischen, Schweren und Lebensbedrohlichen setzt Gott einen neuen Himmel und eine neue
Erde.

Das Chaos dieser Welt ist jetzt selbst dem Untergang geweiht. An die Stelle des Chaotischen, Schweren und Lebensbedrohlichen setzt Gott einen neuen Himmel und eine neue

Erde.

Uwer Rechberger

Gott und Mensch wohnen zusammen: Dass Gott bei seinen Geschöpfen wohnt, ist nichts Neues. Schon im Alten Testament erfahren wir: „Der Herr hat den Berg Zion ausgewählt, er hat ihn sich als Wohnsitz gewünscht: Hier soll für immer mein Ruheplatz sein, an diesem Ort will ich gerne wohnen“ (Ps 132,13f.). In Jesus wohnt Gott nicht nur unter uns, sondern wird einer von uns: „Er, das Wort, wurde ein Mensch. Er lebte bei uns, und wir sahen seine Herrlichkeit“ (Joh 1,14). Das Neue, was uns Johannes in Offenbarung 21 zeigen will, ist nicht mehr Gottes Gegenwart. Das Neue ist meine Gegenwart. Neu ist nicht mehr, dass Gott bei uns wohnt und bereit ist, mein Chaos auf sich zu nehmen. Neu ist, dass ich bei Gott wohnen darf – ohne das Chaos dieser Welt.

Getrocknete Tränen: In einem Menschenleben fließe viele Tränen, angesichts von Verletzungen und Enttäuschungen von Sorgen, Schreckensnachrichten und Zukunftsängsten. Schmerzen, Krankheiten und schließlich der Tod treiben uns Tränen ins Gesicht. Und angesichts unserer Sünde können wir nur über uns selbst weinen. Tränen gehören zu dieser Welt. Nichts wird von Johannes schöngeredet. Das Schöne aber ist, dass sie tatsächlich nur zu dieser Welt gehören und Johannes eine Welt gezeigt bekommt, in der Gott Ihnen Ihre Tränen abwischen wird. Gott trocknet uns nicht aus kosmetischen Gründen einmal die Tränen, sondern weil es nichts mehr zu weinen gibt. Erinnern Sie sich noch: „Das Meer ist nicht mehr da“ (Offb 21,1). Gott trocknet Ihnen die Tränen und er trocknet das Meer aus, auf dass niemals mehr Tränen fließen müssen.

Werden wir unsere Lieben in der Ewigkeit wiedererkennen?

Die Hoffnung auf ein Wiedersehen und eine Wiedervereinigung im Tod währt seit Menschengedenken. In der griechischen Philosophie sehr ausgeprägt; aber auch das Alte Testament weckt Hoffnung, wenn von allen drei Erzvätern erzählt wird, dass sie nach dem Eintritt ihres Todes, aber noch vor ihrer Beerdigung „zu ihren Vätern versammelt“ bzw. „mit ihnen vereint“ wurden: „In diesem hohen Alter starb Abraham. Nach einem langen und erfüllten Leben wurde er im Tod mit seinen Vorfahren vereint. Seine Söhne Isaak und Ismael bestatteten ihn“ (1Mo 25,8f.). Ebenso ging König David davon aus, bei seinem eigenen Tod einmal zu seinem gerade verstorbenen Kind zu kommen: „Eines Tages werde ich zu ihm ins Totenreich gehen. Aber zu mir zurückkehren, das wird es nicht“ (2Sam 12,23).

Der Abschied eines geliebten Menschen ruft viele Fragen hervor.

Die alttestamentlichen Texte bleiben zurückhaltend. Und doch: Im „versammelt werden zu“ den Geliebten steckt die begründete Hoffnung auf ein jenseitiges Zusammenkommen und miteinander „vereint“ werden. Wenn wir an die neutestamentlichen Texte mit der Frage herantreten, ob wir uns in der Ewigkeit wiedersehen und wiedererkennen, könnte deren Antwort lauten: Als gemeinsame Glieder des einen Leibes Christi (1Kor 12) werden Christen sich in der Ewigkeit erkennen – aber kaum wiederzuerkennen sein. Weil wir uns in Gottes Ewigkeit so sehen werden, wie Gott uns ganz ursprünglich gemeint hat, könnte bei unserem Wiedersehen die erstaunte Begrüßung lauten: „Du bist ja kaum wiederzuerkennen, so makellos, herrlich und vollkommen.“ So stimmt der Satz: „Christen sehen sich nie zum letzten Mal.“

Wo sind unsere Toten jetzt?

Wer seit Jesu Kreuz und Auferstehung gestorben ist und an Jesus geglaubt hat, den erwartet weder ein „Ganztod“ oder Schlaf noch das sofortige Jüngste Gericht, sondern ein Zwischenzustand, der bei Jesu Wiederkunft und dem alles umfassenden Jüngsten Gericht vollendet wird – zur ewigen Gottesgemeinschaft (vgl. Hebr 11,40) oder zur nicht endenden Gottesferne. Ob ein Mensch jenseits des
biologischen Todes – im Zwischenzustand und nach dessen Vollendung im Jüngsten Gericht – in ewiger
Gottesgemeinschaft leben oder in nicht endender Gottesferne existieren wird, entscheidet sich daran, ob er schon diesseits des biologischen Todes auf Gottes Sohn vertraut hat: „Wer mit dem Sohn verbunden ist, hat das Leben bekommen. Wer nicht mit dem Sohn Gottes verbunden ist, hat auch das Leben nicht bekommen“ (1Joh 5,12).

Beim Tod eines gläubigen Menschen trösten wir uns deshalb zurecht mit den Worten: „Jetzt darf er schauen, was er geglaubt hat. Jetzt ist er bei Gott.“ Und das stimmt: Jesus selbst spricht einem Sterbenden dieses „Jetzt“ und „Heute“ zu: „Amen, das sage ich dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein!“ (Lk 23,43; vgl. Lk 16,22; 20,38). Damit ist auch geklärt, welche Klugheit uns Psalm 90 wünscht, wenn er uns beten lehrt: „Lass uns begreifen, welche Zeit wir zum Leben haben – damit wir klug werden und es vernünftig gestalten“ (Ps 90,12). Mit anderen Worten: Glaube an den Herrn Jesus Christus, denn „jeder, der an ihn glaubt, soll nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben“ (Joh 3,16).

Pfarrer Dr. Uwe Rechberger ist Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Walddorfhäslach.

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Erschienen bei SCM Hänssler

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