Mit Kindern über Trauer und Tod sprechen

Tod und Sterben wird aus unserem Alltag oft ausgeklammert. In dem Wunsch, Kinder zu schützen, bleiben wir sprachlos oder umgehen das Thema Sterben und Tod. Aber Kinder erleben, dass ein Haustier stirbt. Vielleicht auch die Großeltern (oder sogar ein Elternteil). Marianne Fritsch ist Trauerbegleiterin für Kinder und Jugendliche ITA und hat jahrzehntelange Erfahrung mit Trauergruppen für Kinder und Jugendliche sowie für Erwachsen. Ute Mayer war mit ihr im Gespräch darüber, wie Kinder trauern und wie man mit Kindern über Trauer und Tod sprechen kann.

Kinder trauern anders.“ – Was ist so anders, wenn Kinder trauern?

Kinder erfassen den Tod je nach Alter unterschiedlich. Kleine Kinder können die Dimension der Endgültigkeit nicht erfassen. Was sie – besonders in jungen Jahren – sehr intensiv erleben, ist die Trauer der Erwachsenen. Die ist für sie bedrohlich. Dazu kommt die Angst, noch jemanden zu verlieren. Das kann auch ein Geschwisterkind sein.

Auf Kinderfragen ehrliche Antworten zu geben, ist wichtig. Wie können wir kindgerecht über Trauer und Tod sprechen? Und was sollten wir unbedingt vermeiden?

Fragen der Kinder sollten wir ernst nehmen und unsere Antworten in einfache Sätze fassen. Was wir vermeiden sollten, ist so zu tun, als ob wir alles wüssten und erklären könnten. Wir wissen ja nicht einmal, was mit uns geschieht. Oft hilft es, wenn wir die Kinder nach ihrer Vorstellung fragen. Diese gibt uns einen Anhaltspunkt, was der Kinderseele guttut. Es ist auch nicht angesagt, fachliche Vorträge über medizinische oder psychologische Zusammenhänge zu halten.

Manche Kinder stellen keine direkten Fragen zu Trauer und Tod. Sollten wir es trotzdem ansprechen. Wenn ja – auf welche Art?

Auch wenn Kinder nicht fragen, erleben sie die Trauer. Es kann sein, dass sie vermeiden möchten, dass der/die Angesprochene weint. Gibt es im Umfeld eine Person, die einen guten Zugang zum Kind hat, kann es sein, dass es sich dieser gegenüber äußert. Deshalb ist es wichtig, das Umfeld der Kinder – Schule oder Kindergarten – zu informieren. Außerdem kann es nicht schaden, wenn wir dem Kind signalisieren, dass wir traurig sind und davon ausgehen, dass auch es traurig ist und es sein darf.

Sterben findet heute oft abseits des Zuhauses – z. B. im Krankenhaus, in einem Hospiz – statt. Können wir Kinder zum Abschiednehmen dorthin mitnehmen? Oder lieber den Opa in guter Erinnerung behalten, „wie er vorher war“?

Grundsätzlich ist es gut, wenn Kinder das Sterben miterleben können, wo es möglich ist. Reden Sie mit dem Kind über den Besuch und das, was an dem Verstorbenen anders ist. Bereiten Sie es auf den Besuch vor und vielleicht können Sie es ermuntern, dem Verstorbenen noch ein kleines Geschenk mitzugeben (Bild malen, einen Gegenstand in den Sarg legen). Es ist einfacher, den Tod zu begreifen, wenn man es mit den Händen getan oder mit den Augen gesehen hat.

Kinder und Beerdigungen – ein heikles Thema. Welchen Rat haben Sie aus Ihrer Erfahrung?

Das ist wirklich ein heikles Thema, weil es sich sehr individuell gestaltet. In meinen Augen ist es am allerwichtigsten, dass das Kind gefragt wird. Auch hier ist es nötig, das Kind über das, was da geschieht, aufzuklären. Dazu gibt es nette Bilderbücher. Für die Angehörigen ist es eine Erleichterung, wenn eine weitere Person, die dem Kind nahesteht, dabei ist und gegebenenfalls mit ihm die Feier verlassen kann. Bei ganz kleinen Kindern sollten wir überlegen, ob wir deren Betreuung während der Feierlichkeiten gewährleisten können und ob es für uns emotional möglich ist, beides zu vereinen.

Wie können wir Kinder (eigene, aber auch Kinder, die uns z. B. in der Schule oder Jungschar etc. anvertraut sind) gut in der Trauer begleiten?

Hier möchte ich den Fokus auf die Begleitung fremder Kinder legen. Sind Sie informiert über das Geschehen, bieten Sie dem Kind an, mit ihm zu reden. Gibt es die Gelegenheit, begleiten Sie es auch einmal zum Friedhof – vielleicht haben Sie gemeinsam etwas gestaltet oder bringen Sie Blumen oder eine Kerze dort hin. Fragen Sie es, ob über das Thema in der Gruppe gesprochen werden darf und wenn ja, ist es eine wohltuende Geste, wenn die Gruppenmitglieder dem betroffenen Kind etwas Gutes tun. Hier kann ein Buch gestaltet werden, in das jedes Kind etwas Nettes über den Verstorbenen schreibt oder eine Wellnessstunde für das Kind vorbereitet werden.

„Sehnsucht nach dem Himmel“ haben Kinder meist noch nicht. Aber die Sehnsucht nach dem Verstorbenen. Wie können wir sie im Trauerprozess unterstützen und sie begleiten?

Ja, die Sehnsucht nach dem Verstorbenen werden wir selbst mit ins Grab nehmen. Sie wird sich verändern, aber nie vergehen. Es wäre auch nicht in Ordnung. Es tut gut, wenn signalisiert wird, dass auch andere Personen noch mit dem Verstorbenen leben und an ihn denken. So ist der Trauernde nicht so allein mit seinem Schmerz. Dabei kann eine Vision von einem schönen Aufenthaltsort des Verstorbenen sehr hilfreich sein.

Vielen Dank für das Gespräch.

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Buchtipps:

  • Ulf Stark, Anna Höglund: Kannst Du pfeifen, Johanna? (Carlsen)
  • Jo Eckhardt: Wohnst du jetzt im Himmel? (Gütersloher Verlagshaus)
  • Eric-Emmanuel Schmitt: Oskar und die Dame in Rosa (Fischer)
  • Ulf Nilsson, Eva Eriksson: Die besten Beerdigungen der Welt. (Beltz)
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