Texterklärung

Nach dem Reichtum der Erlösten (1,3-22) und dem Heilsweg für Juden und Heiden (2,1-22) geht es Paulus nun um die Erklärung des Geheimnisses Gottes (3,1-21). Hier beschreibt der Apostel seinen Einblick in das Geheimnis Christi (V. 1-13) und nimmt die Epheser mit hinein in sein persönliches Gebet (V. 14-21), das auch Vorbild für unser eigenes Beten sein kann. Worterklärung: Das in Vers 7, 16 und 20 verwendete Wort „Kraft“ geht aus dem gr. Wortstamm dynamis (wie Dynamit) hervor. Für das Wort Liebe (V. 16+19) steht grichisch agape (selbstlose, göttliche Liebe).

… zu ihm beten

Paulus gibt in fast allen seinen Briefen an, ein Apostel (Gesandter, Sendbote) Jesu Christi (3,1) zu sein. Das verleiht seinen Schreiben Gewicht und verlangt danach, ernsthaft gelesen zu werden. (Gibt es einen Auftraggeber, der Gott selbst oder seinen Sohn Jesus Christus an Bedeutung übertreffen kann?) Paulus lebt seit der Damaskus-Erfahrung (Apg 9) im absoluten Vertrauen auf Gott bzw. Jesus Christus. So kann er auch seine in Vers 1 erwähnte Gefangenschaft (vermutlich in Rom) von Gott her annehmen und als einen „geführten Weg“ betrachten.

Der Apostel erklärt, dass er nicht wegen einer Straftat inhaftiert worden ist, sondern allein wegen der Verkündigung des Evangeliums unter den Nationen (Heiden). Statt zu klagen, bittet er für die Gemeinde in Ephesus. In der Übersetzung Luther 1912 steht „Derhalben ich, Paulus, der Gefangene“ anstatt: „Deshalb sage ich, Paulus“ (Luther 2017). Andere Übersetzer haben ein „bitte“ eingefügt, um zu unterstreichen, wie aktiv Paulus selbst noch im Gefängnis für sie gebetet und gerungen hat.

Auch mit gebundenen Händen bittet er für die Gemeinde:

  • Um das Erkennen, dass die Heiden durch das Evangelium zum Leib Christi gehören (V. 6).
  • Um Ausdauer, dass die Geschwister wegen seiner Gefangenschaft nicht „glaubensmüde“ werden (V. 13).
  • Um Kraft für den inwendigen Menschen (V. 16; vgl. auch 6,10).
  • Um Gewissheit, dass sie im Glauben und in der Liebe mit Christus verbunden sind (V. 17; vgl. Joh 15,5ff.; Kol 2,7; 1Joh 4,19).

Die Absicht des Apostels ist, dass die Gemeinde nicht nur eine hörende Gemeinde ist, sondern zur Gewissheit und zum Vertrauen findet

… Erkenntnis gewinnen

In seinem Gottvertrauen ist Paulus offenbart worden, was in früheren Zeiten ein Geheimnis war, nämlich, dass die Heiden Miterben am Reich Gottes sind. Das war ihm gerade auch als Jude verborgen, obwohl er Schüler des bekannten Gesetzeslehrers Gamaliel gewesen ist. Umso beeindruckender wirkt nun das neue Bild, die neue Erkenntnis von Gottes Gnade, auf ihn ein. Diese Erkenntnis will er nicht für sich behalten, sondern mit anderen teilen, selbst wenn er daraus Nachteile hat (wie die Gefangenschaft). Man spürt Paulus die „Sprengkraft“ von dieser göttlichen mächtigen Kraft (V. 7) seines Auftrags ab, endlich auch den Nationen (Heiden) eine unendliche Lebensperspektive geben zu können. Beachtlich wie diese Botschaft an Dynamik zunimmt, indem die Gemeinde selbst in der von Paulus erbetenen, gottgegebenen Erkenntnis zum Botschafter wird (V. 10).

… Liebe erfahren

Einer, der von Liebe spricht, muss Liebe erfahren haben. Manchmal hat Gott seine eigene Art, uns seine Liebe zu zeigen. Manchmal müssen Menschen durch Leid hindurch eine Hiobsbotschaft nach der anderen hinnehmen, um dennoch in Gottes Liebe Halt zu finden Paulus kann da auch mitreden (2Kor 11,20ff.).

Das Finale in diesem Kapitel ist für mich die Worte um die Liebe Christi. Paulus bittet für die Gemeinde in Ephesus um innere Stärke in unbeschreiblichem Ausmaß (Glaubensstärke). Er spricht von einer „Kraft nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit“, also der Herrlichkeit Gottes. Wer kann den Reichtum der Herrlichkeit Gottes in Worte fassen?

Und dann die Qualität der Glaubensstärke: Christus Wohnung geben in unserem Herzen! Nicht das Gästezimmer – das ganze Gebäude! Unser ganzes Menschsein: Leib, Seele, Geist, unser Herz, alles. Und wir selbst sind in Christi Liebe eingewurzelt. So wie ein Baum Halt findet, je tiefer und stärker seine Wurzeln greifen. Ebenso soll unser Leben in Christus sein (V. 17). Diese Liebe in alle Richtungen und in der Vollkommenheit zu ergreifen, wird nach der Sicht des Paulus unser Denken übersteigen. Nicht aber Gottes Möglichkeiten, der über alles Bitten und Verstehen in überschwänglicher Weise an uns wirkt. In einem Liedvers heißt es: „Nein, seine Liebe zu ermessen, sei ewig meine größte Pflicht“ (JuF 260). Also wünsche auch ich mir, dass wir nicht müde werden, dieser Liebe in unserem Leben den größten Platz einzuräumen.

Michael Kroner, Gemeinschaftsreferent

In unserer neuen Reihe eröffnen wir einen ganz neuen Zugang zum Epheserbrief.
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