Texterklärung

Wenn jemand etwas gar nicht versteht, ist es für ihn ein „Buch mit sieben Siegeln“. Das Wissen bleibt ihm verschlossen. Wenn wir in Offenbarung 5 vom „Buch mit sieben Siegeln“ lesen, dann erweitert sich nicht einfach ein Wissenshorizont. Vielmehr wird durch das Brechen der Siegel die Ereigniskette in Gang gesetzt, die darin aufgeschrieben wurde. Es ist der Plan Gottes, der erst durch die Offenlegung zu seinem Ziel kommen kann. Wer ist würdig, dies zu tun? Darum geht es in diesem Kapitel.

Die Spannung (Vers 1-5)

Das Buch, oder besser die beidseitig beschriebene Schriftrolle, hält Gott in seiner rechten Hand. Doch wem kann er das „Schicksalsbuch der ganzen Schöpfung“ (Walter Klaiber) anvertrauen? Wer kann mit dieser Macht recht umgehen, die damit verbunden ist? Die erschreckende Erkenntnis: Niemand ist würdig. Weder im Himmel noch auf Erden wurde jemand gefunden. Daraufhin beginnt Johannes zu weinen. Wenn niemand gefunden wird, bleibt das Buch verschlossen und die Welt in ihrem unerlösten Zustand.

Der Erlöser (Vers 6-7)

Einer der Ältesten tröstet Johannes, indem er ihn auf den „Löwen von Juda“ und auf die „Wurzel Davids“ verweist. Beides sind Begriffe aus dem Alten Testament, die auf den Messias, den versprochenen Retter hindeuten (1Mo 49,9f.; Jes 11,1.10; Offb 22,16). Doch statt eines Löwen tritt nun ein Lamm auf, wie erwürgt. Es handelt sich folglich um ein Opfertier. Es ist gezeichnet von den Spuren des Gerichts, das an ihm vollzogen wurde. Löwe und Lamm, zwei Bilder, die im Widerspruch zueinander zu stehen scheinen. Doch das Lamm hat gerade in seiner Hingabe gezeigt, dass es berechtigt ist, die Geschichte zu ihrem Ziel zu führen.

Das Lamm ist in der Offenbarung die wichtigste Bezeichnung für Christus. Er ging den Weg der Hingabe aus Gehorsam und Vertrauen zu Gott, dem Vater. Mit seinem Blut hat er Menschen aus allen Ländern erkauft. Er trägt die Kreuzeszeichen seines Opfertodes. Der Versuchung, seine Macht zu missbrauchen, erlag er nicht (Mt 4,5; Mt 4,8; Lk 4,5) und hat bewiesen, dass er mit Macht umgehen kann. Er ist würdig, die Geschichte zu ihrem Ziel zu bringen.

Das Lamm tritt in Offenbarung 5 demutsvoll auf. Johannes nimmt es zunächst nicht wahr und muss darauf aufmerksam gemacht werden. Die sieben Hörner, die das Lamm trägt, zeigen aber unmissverständlich dessen Macht. Die sieben Augen symbolisieren: Das Lamm hat den Durchblick. Ihm kann die Lüge nichts
vormachen. So greift das Lamm nach der Buchrolle, die ihm Gott ohne zu zögern aushändigt.

Der Lobpreis (Vers 8-14)

Im nun folgenden Lobpreis ist das Aufatmen im Himmel zu spüren. Die Geschichte endet nicht im Unvollkommenen. Die Freude bricht sich Bahn. Ein neues Lied wird angestimmt und reißt nicht nur den Himmel mit. Alle Kreatur im Himmel und auf Erden, ja, sogar unter der Erde stimmen in das Lied mit ein. Um 287 v.Chr. formulierte Archimedes die Hebelgesetze. Er soll gesagt haben: „Gib mir einen Punkt, auf dem ich stehen kann, und ich werde dir die Welt aus den Angeln heben.“ Daher kommt der Begriff des arithmetischen Punktes. Offenbarung 5 sagt uns, dass es einen arithmetischen Punkt auch in der Geschichte gibt. Einen Punkt, von dem aus Geschichte zu verstehen und zu deuten ist. Geschichte ist nicht das Ergebnis zusammenhangloser Zufälligkeiten. Geschichte hat einen arithmetischen Punkt, einen Dreh- und Angelpunkt in der Person Jesus Christus. Er ist das Zentrum der Geschichte, der großen wie auch unserer ganz persönlichen. Er ist die Konstante, der Fixpunkt in den Wirrungen und Irrungen des Weltgeschehens. Immer wieder müssen wir uns in Erinnerung rufen, dass die Offenbarung ein Trostbuch
und kein Drohbuch ist. Sie erinnert bei allen düsteren Szenarien daran, dass nicht die Machthaber der Welt die Fäden in der Hand haben. Gott lenkt die Geschichte! Wer das weiß, ist Hoffnungsträger!

Fragen zum Gespräch
  • Welche Strophen könnte das neue Lied haben?
  • Wo stehen wir in Gefahr, die alte Leier zu singen?

Günter Blatz, Pfarrer

Mandy von den Feiertagserklärern sagt dir, welche Chance der Buß- und Bettag bietet.
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