Texterklärung

Wie in Kapitel 5 beschrieben, soll das Buch (Schriftrolle) mit seinen sieben Siegeln als „Testament“ Gottes im Blick auf die letzten Ereignisse geöffnet werden. Nur das „Lamm Gottes“ (vgl. Offb 5,6-14), Jesus selbst, ist allein würdig und autorisiert, die Siegel zu brechen und den Ablauf der letzten Weltgeschichte in Gang zu setzen (Offenbarung 6-8).

Die vier Pferde und ihre Reiter

Die ersten vier Siegel: Verse 1-8
Nach dem Öffnen der einzelnen Siegel durch das Lamm erfolgt durch die göttlichen Gestalten (Offb 4,6-8) das Signal für den Einsatz der apokalyptischen Reiter (vgl. auch Sach 1,7-11). Der erste Reiter auf dem weißen Pferd (Verse 1+2) symbolisiert die großen Eroberer (Krone = Zeichen des Sieges; Bogen = Gewalt), die siegreich, aber eigensüchtig und ihre Macht missbrauchend die Menschheit tyrannisieren. Der zweite Reiter auf dem feuerroten Pferd (Verse 3+4) erinnert an Rebellion, Aufruhr, Krieg, zerstörerisches Feuer, vergossenes Blut: Gott nimmt den Frieden mit dem Schwert, „sodass die Menschen sich gegenseitig hinschlachten“. Durch den dritten Reiter auf dem schwarzen Pferd (Verse 5+6) und der Waage (Bild der Zuteilung und der Rationierung) breiten sich Teuerung, Inflation, Bankencrash, Hunger und die Pest aus „Öl und Wein“ sollen weiter verfügbar sein, gelten als Luxusgüter. Einige Ausleger deuten es so, dass die gottlosen Reichen ihr frevelhaftes Schlemmen ungestört weitertreiben können. Der vierte und letzte Reiter mit dem Namen „Tod“ auf dem „fahlen“ Pferd (Verse 7+8) bringt grausames Leid, Tod und Hölle: Durch Krieg, Hunger, Seuchen und „wilde Tiere“ (vlt. auch Viren) soll ein Viertel der Welt vernichtet werden.

Die Bilder der beschriebenen Apokalypse beschreiben nicht „nur“ das kommende endzeitliche Geschehen und einzelne Ereignisse, sondern weist auf sich wiederholende Vorgänge der bisherigen Weltgeschichte hin, die sich nicht unbedingt gleichmäßig auf der ganzen Erde ausbreiten müssen. Obwohl Jesus alle Macht im Himmel und auf Erden hat, ist seine Macht weiterhin verhüllt. Es ist noch Gnadenzeit: Jesus steht vor der Tür und klopft an (Offb 3,20).

Die Seelen der Märtyrer: Schrei nach Gerechtigkeit

Das fünfte Siegel: Verse 9-11
Johannes sieht bei der Öffnung des 5. Siegels die Märtyrer, die um ihres Glaubens und Zeugnisses willen getötet worden sind (Vers 9). Sie befinden sich ganz nah beim Vater und dem Sohn (Offb 8,3; 9,13), beim Altar vor dem Thron, also dort, wo Jesus selbst sein Blut und Leben als Hohepriester geopfert (Hebr 9,12) und ein für alle Mal für unsere Schuld bezahlt hat. Auf ihren Schrei („Warum?“) nach Gerechtigkeit und Beendigung der Leiden der Gemeinde Jesu dürfen sie Folgendes empfangen: Ein weißes Kleid (vgl. Offb 7,9.13.14) der Reinheit und Gerechtigkeit Christi und ein Wort der Ermutigung: „Sie sollen noch eine kurze Zeit Geduld haben, denn erst müsse noch eine bestimmte Zahl ihrer Glaubensgeschwister zum Ziel kommen und so wie sie getötet werden.“ (Vers 11). Das Bekenntnis zu Jesus wird also bis zum Ende der Zeit nicht verschwinden. Auch wenn wir wahrscheinlich nicht als Märtyrer sterben, gilt uns die Frage nach unserer Leidensbereitschaft. Ermutigend ist, dass unser Herr Jesus uns am Ziel ganz nah bei sich haben möchte (Offb 3,20-21).

Der Tag des Zorns: „Wer kann bestehen?“

Das sechste Siegel: Verse 12-17
Johannes´ Blick wird beim Öffnen des sechsten Siegels auf die Erde gelenkt: Gewaltige kosmische Veränderungen (Verse 12-14; „Erde“ meint nach Dan 7 vlt. auch politische Systeme) zerstören die Ordnungen in der Natur (Sonne, Mond und Sterne), das Gericht des Herrn wird angekündigt (vgl. Joe 3,3-5; Mt 24,29-31). Nichts bleibt bestehen: Die Ordnung weicht dem Chaos (vgl. Offb 20,11), nur der Mensch bleibt in seiner Verantwortung vor Gott, selbst wenn er sich zu verstecken sucht (Verse 16-17). Der natürliche Mensch möchte sich durch die Flucht und durch den Tod aus der Verantwortung vor Gott entziehen. Jedoch werden wir alle einmal vor Gott stehen (Phil 2). Wohl dem, der Jesus Christus nicht nur als Richter, sondern auch als persönlichen Retter kennt! Denn wer Jesus hat, der hat das Leben und kommt nicht ins Gericht (Joh 3,36; 5,24; 11,25)!

Fragen zum Gespräch
  • Wenn Jesus alle Macht im Himmel und auf Erden hat, warum greift er bei allen endzeitlichen Entwicklungen und Katastrophen nicht ein bzw. warum erleben wir so wenig davon?
  • Wie geht es uns, wenn wir das „Warum?“ und den Schrei nach Vergeltung der Märtyrer hören?
  • Welche Zusagen aus der Bibel schenken uns Trost und die Gewissheit der Nähe und Liebe Gottes?
  • Was sagt die Bibel über das ewige Leben?

Jochen Baral, Gemeinschaftspastor

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