Texterklärung

Der Brief nimmt eine inhaltliche Wendung. Bisher ging es Paulus darum, die jungen Christen zu vergewissern, dass sie die rechte Entscheidung getroffen haben, als sie sich „zu Gott bekehrt haben von den Abgöttern“ und sie zu ermutigen, den Weg mit Jesus zu gehen und ihm zu vertrauen. Nun aber geht es darum, ihnen Wegweisung zu geben, wie man als Christ in rechter Weise lebt.

Wie geht das, in rechter Weise als Christ zu leben?

Im Leben als Christ ist nichts selbstverständlich. Unser Alltag weist genug Klippen auf: Wir müssen uns auseinandersetzen, anpassen, Rücksicht nehmen, korrigieren und manches einstecken. Wir sind immer am Lernen – und hoffentlich bleiben wir es. Paulus gibt uns einiges zum Lernen auf: In allen Bereichen des Lebens soll zu erkennen sein, dass wir Christen sind und darin immer vollkommener werden. Aber wie geht das? Haben wir eine Antwort parat? Wir leben nicht immer in rechter Weise als Christen, auch wenn wir uns bemühen.

„Gottes Wille ist eure Heiligung.“ (Vers 1-8)

„Denn Gott hat uns nicht berufen zur Unreinheit, sondern zur Heiligung.“ Was bedeutet das? Heißt das, dass wir perfekt sein sollen? Aber wer ist das schon? Und außerdem: Hat Jesus die, die meinten, perfekt zu sein, nicht als Heuchler entlarvt? Dann kann es doch nicht darum gehen, dass wir perfekt sind. Nein, es geht nicht um Perfektion. Wer Heiligung so versteht, hat Heiligung missverstanden. Heiligung hat nichts mit Moral zu tun; und der, der moralisch einwandfrei ist, ist nicht gleich heilig. Jesus ist gekommen, Sünder selig zu machen. Menschen, die alles andere als perfekt sind, Schuld auf sich geladen haben und mit dem Leben nicht fertig werden. Für solche ist Jesus Mensch geworden, um sie zu retten und ihnen zu vergeben.

Aber heißt es nun, dass die, die gerettet wurden und Vergebung erfahren haben, ohne Fehl und Tadel sein sollen? Ist das der Sinn des Christseins? Die Aussage von Paulus – „Gott hat uns nicht berufen zur Unreinheit, sondern zur Heiligung“ – könnte so verstanden werden. Aber ist sie so gemeint? Nein! Aber was bedeutet dann: „Gottes Wille ist eure Heiligung“? Eins scheint klar zu sein: Heiligung ist nicht etwas, über das wir verfügen. Wir können uns nicht heiligen. Und darum ist der Satz „Gottes Wille ist eure Heiligung“ keine Aufforderung. Nein, er ist eine göttliche Zusage. „Gottes Wille ist eure Heiligung“ meint nichts anderes, als dass wir Gott gehören. Und das soll in unserem Leben zu sehen sein. Aber was ist, wenn etwas ganz anderes zu sehen ist?

Paulus gibt darauf eine überraschende Antwort: Er sagt über die, die die jungen Christen wegen ihres Lebens verachten, dass, „wer sie verachtet, der verachtet nicht Menschen, sondern Gott, der seinen Heiligen Geist in euch gibt.“ Und damit sagt Paulus, dass sich Gott mit diesen jungen Christen identifiziert. Und was ist das für eine Aussage! Das heißt also: Wir gehören als Christen zu Gott und Christus lebt in uns. Wenn dieses Bewusstsein unser Leben prägt, dann wird sich das auf unseren Alltag und Umgang mit anderen auswirken.

Rechtes Christsein zeigt sich in der Liebe (Vers 9-12)

Paulus sagt, dass Gott uns lehrt, einander zu lieben. Die Liebe Gottes ist in uns ausgegossen durch den Heiligen Geist. Das soll in unserem Leben zu sehen sein. Im Leben der Christen in Thessalonich war das der Fall.

Aber sie können noch vollkommener werden. Wir sollen nie denken, dass wir vollkommen sind oder genug getan haben. Gott ist mit seiner Liebe unvermindert in uns am Werk und will sich entfalten. Wir werden also nie genug geliebt haben, weil Gott nicht aufhört zu lieben. So gesehen sind die Worte von Paulus eine Ermutigung, der Liebe Gottes Raum zu geben in unserem Leben. Und die Liebe Gottes möchte sich verschwenden. Und so soll auch von uns etwas ausgehen von der Liebe Gottes. Dazu ermuntert Paulus die Christen damals und heute. Wir leben in rechter Weise als Christ, indem wir die empfangene Liebe von Gott liebend weitergeben. Darin sollen wir vollkommener werden und nie nachlassen.

Paulus schreibt darum: „Setzt eure Ehre darein, dass … ihr ehrbar lebt vor denen, die draußen sind …“ Nichtchristen sollen von Christen einen guten Eindruck haben. Wir sollen sie nicht ausgrenzen, sondern ehrbar mit ihnen umgehen, sie wertschätzen, wie sie von Gott wertgeschätzt sind. In rechter Weise als Christ leben heißt, jeden Menschen als einen von Gott geliebten Menschen ansehen. Und dazu gehört, nicht auf Kosten anderer zu leben. Für Paulus soll sichtbar werden, dass wir zu Gott gehören. Christus hat uns in seine Hände genommen und seine Liebe soll sich in uns entfalten. Christus wird durch seinen Geist unser Leben prägen. Das soll unser Leben als Christen ausmachen.

Fragen zum Gespräch
  • Wo stehen wir mit unserem Christsein?
  • Wie ist unser Verständnis von Heiligung?
  • Was gilt es, in unserem Leben zu verändern?

Gerhard Schmid, Gemeinschaftsreferent i.R.

Viertel-Schtond
Die Viertel-Schtond zu 1. Thessalonicher 4,1-12 mit Johannes Börnert.
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