Fasten … dem einen schnürt es allein beim Gedanken daran die Kehle zu, ein anderer verbindet mit diesem Begriff einen Akt der Befreiung von Ballast. Die eine verspürt eine Enge und möchte lieber nichts damit zu tun haben, die andere sieht darin eine Chance des Neubeginns.
Fasten ist ein riesiger Geschäftszweig
Googelt man das Wort Fasten, wird man von der Fülle der Möglichkeiten erschlagen … Man kann Heilfasten, Intervallfasten, Fasten nach Hinz und Kunz, Fasten zum Abnehmen. Es gibt Tipps für Anfänger, Fortgeschrittene und Profis. Die Shops bieten Fastenkisten und Fastenboxen, Kuren, Tees und Säfte. Es gibt Tipps und Tricks und natürlich jede Menge Bücher zum Thema. Jahr für Jahr werden zu Beginn der Fastenzeit Tipps und Initiativen vorgestellt, was man fasten kann. Laut einer Umfrage liegen Alkohol und Süßigkeiten weiterhin ganz oben auf der Verzichtsliste der Deutschen.
Zwischen „Souping“ und „Eiweißmodifiziertem Fasten“ wird eines klar: Wir haben offensichtlich verlernt, gesund und ausgewogen zu leben und müssen uns Ausgeglichenheit erfasten.
Johannes Kuhn
Bei all dem verliert man schnell den Überblick. Zwischen „Souping“ und „Eiweißmodifiziertem Fasten“ wird eines klar: Wir haben offensichtlich verlernt, gesund und ausgewogen zu leben und müssen uns Ausgeglichenheit erfasten. Der Markt dafür ist riesig. Allein die Erkenntnis, dass es eine Vielzahl an Formen des Fastens gibt, hilft noch nicht, sich im Dschungel der Möglichkeiten zurechtzufinden und Fasten als Segen zu entdecken.
Fasten ist bewusste Unterbrechung des Alltags
Unser Begriff des Fastens kommt – laut Duden – vom Festhalten, dem beobachten oder bewachen von etwas und meint im christlichen Sinne das Festhalten an den (Fasten-)Geboten der Bibel. Aus diesem Festhalten hat sich die Enthaltsamkeit herausgebildet, die wir bis heute mit Fastenpraktika aller Art verbinden. Fasten ist ein Brauch in zahlreichen Religionen und Kulturen, mit dem man den gewöhnlichen Lebensrhythmus unterbricht, um bestimmte Ziele zu erreichen. Gerade die Fastenzeit zwischen Aschermittwoch und Ostern bietet dafür eine besondere Chance. Der persönliche Verzicht auf liebgewordene Dinge und die Besinnung auf das Leiden und Sterben Jesu hat in den 40 Tagen vor Ostern seinen richtigen Platz.
Fasten ist Neuentdeckung meiner Identität
Wenn wir in der Fastenzeit auf Liebgewordenes wie Genussmittel, Social-Media oder Fernsehen verzichten, um neu zu entdecken, wer wir sind, können diese „Sieben Wochen ohne“ zu einer echten Segenszeit werden. Die drei folgenden Tipps können zu einer einfachen Form des Fastens werden.
Entdecken, wer ich bin
Nehmen Sie sich bewusst Zeit, die sonst mit anderen Dingen gefüllt sind. Suchen Sie sich dafür ein Ritual (Spazieren gehen, ein fester Ort …). Denken Sie darüber nach: Was bewegt mich? Was treibt mich um? Was gelingt in meinem Leben? Was nicht? Begegnen Sie dem, was Sie bewegt und halten Sie aus, dass Sie dabei auch an Punkte kommen, an denen Sie merken: Mein Leben ist in einem Ungleichgewicht, nicht so wie Gott sich das vorstellt. Das auszuhalten, kann schmerzhaft sein. Geben Sie diesen Gedanken Raum.
Aussprechen, wer ich sein möchte
Die Apostel in der Apostelgeschichte (13,2f.) beteten während des Fastens um Weisheit in Personalfragen. Dieses Aussprechen und Hören auf Gott ist eine ganz elementare Übung beim Fasten. Wo wünschen Sie sich Veränderung, zum Beispiel in einer Beziehung, einem Verhalten, einem Charakterzug Wo brauchen Sie Klarheit und Weisheit? Sprechen Sie es so vor Gott aus, wie sie es denken.
Staunen, wie Gott ist
Lassen Sie sich am Ende von Worten berühren, die Ihnen zusagen, dass Gott für Sie ist. Bei allen Bemühungen, bei allem Bitten und – ja auch dem Leiden an uns selbst – bleibt die Gewissheit: Gott ist für mich. Nichts kann mich von Gott trennen. Suchen Sie sich einen Vers, der Sie in dieser Zeit begleitet und überlegen Sie sich eine Form, diesen Vers zu entdecken – durch meditieren oder eine Form kreativer Gestaltung.
Dieser Dreiklang aus Entdecken, Aussprechen und Staunen ist eine Möglichkeit, in einfacher Weise zu fasten und dabei neu das Wunder zu entdecken, das sich in dieser Zeit vollzieht: Jesus kommt und befreit mich von meiner Schuld. Er zeigt seine Liebe am Kreuz. Und schenkt mir durch seine Auferstehung Hoffnung.
Johannes Kuhn
Referent für Medienarbeit