Liebe Apis, liebe Freunde im Ländle und darüber hinaus!

Verletzungen sind schmerzhaft. Können wir ein Lied davon singen? Kurz vor seinem Tod geht Jonny Cash nochmals ins Tonstudio. Er zieht einen alten Song aus der Schublade, den Trent Reznor im Jahr 1994 geschrieben hatte. Der Titel: Hurt (Verletzung | Schmerz). Es geht darin um einen tiefen inneren Verlustschmerz. Eingegraben in der Seele kommen keine Emotionen auf, die Tränen finden keinen Kanal. Daher greift die Person zu einer folgenschweren Entscheidung: Sie verletzt sich selbst, um sich und den Schmerz zu spüren.

Gnade – nicht nur gepredigt, sondern leibhaftig.

Matthias Hanßmann

Mir begegnet es unentwegt: Menschen, die nach Jahrzehnten noch immer verletzt sind. Nicht selten sind es fromme Menschen. Der Vater hatte wöchentlich in der Gruppe oder gar in der Gemeinschaft von der Gnade gesprochen, und zu Hause war alles anders. Gnadenlos ging‘s zu. Zumindest aber blieb das offene Lob und die Anerkennung durchgängig aus. So etwas nennen Psychologen schlicht „emotionalen Missbrauch“. Wer glaubt, dass wir uns nicht auf Psychologen berufen sollten, darf sich gerne auf Jesus berufen (z. B. Mt 25,34-46). Verletzungen geschehen nicht nur durch Messer, sondern auch durch eine ausbleibende Message der Wertschätzung und einem fehlenden liebevollen Umgang – zumal zu Hause in der eigenen Familie. Gnade aber ist daher im Umkehrschluss nicht nur Botschaft, sondern ein Beziehungsgeschehen. Es geht um Sehen und Tun.

Tränen des Glücks

Ich wünsche Euch, dass in der Passionszeit nicht nur darüber gepredigt wird, sondern dass Ihr über das Glück weinen könnt, das Euch im tiefsten Schmerz ereilt. Und wir reden hier nicht von den eigens herbeigeführten Glücksendorphinen, welche bei Selbstverletzung ausgeschüttet werden. Wir reden hier vom Glück, wenn wir auf die (auch solidarisierende) Selbsthingabe Gottes am Kreuz schauen. „Für dich. Ich liebe dich so sehr, Matthias. Für dich tue ich alles!“ Das ist Gnade – nicht nur gepredigt, sondern leibhaftig. Und wenn mir die Tränen kommen, ein Lied entsteht, mich das Gefühl der inneren Heilung überkommt, dann kann ich Gnade auch weitergeben. „Wie schön, dass es dich gibt!“, höre ich mich sagen – und ich
bleibe einfach stehen, und verweile beim Anderen, und teile in Liebe den Moment. Und dann erzähle ich, warum ich so glücklich bin, und was das mit der Passion Jesu zu tun hat.

Euer und Ihr

Matthias Hanßmann,
Vorsitzender der Apis

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