Texterklärung

Josua ist alt geworden. Als eher zurückhaltender, ängstlicher Typ war er damals zum Leiter des Volkes berufen worden. Er brauchte viel Ermutigung (Jos 1,9). Nun steht er an seinem Dienstende, ruft die Leiter zusammen und übergibt ihnen sein Mandat: „Ihr könnt eurer Verantwortung nur gerecht werden, wenn ihr das Geheimnis des Glaubens versteht und buchstabiert!“

Das Geheimnis des göttlichen Geschenks und des menschlichen Tuns

Der Herr gab das Land, sie nahmen es ein (Jos 21,43). Josua hat viel gearbeitet, gekämpft, gebetet, organisiert und geschlichtet. Am Ende könnte Josua stolz zurückblicken, was er alles geleistet hat. Doch er sagt: „Der Herr gab; der Herr verschaffte dem Volk Ruhe!“ Und dennoch musste das Volk das Land einnehmen mit Schweiß und Blut und viel Verzicht.

Ständig findet man in der Bibel dieses Prinzip: Menschliches Handeln einerseits und übernatürliches, göttliches Handeln andererseits. Beides spielt geheimnisvoll zusammen. Denken wir an die Speisung der 5000: Jesus multipliziert; die Jünger treiben Fische und Brote auf, organisieren, verteilen und sammeln. Gott könnte Engel schicken, könnte aus Steinen Kinder erwecken. Doch er will uns als seine Kinder gewinnen, damit wir ihm als Vater vertrauen. Josua hat dieses Geheimnis erlebt und gibt es als Vermächtnis weiter: Es braucht eine gute Balance zwischen „Ohne mich könnt ihr nichts tun!“ und „Ich sende euch, dass ihr hingeht und viel Frucht bringt“.

Das Geheimnis der Verheißungen

Josua stellt fest: Die Verheißungen von damals an Abraham sind erfüllt. Die Familie ist zum Volk geworden, die Nomaden haben Land. Aber es geht um weit mehr als Zahlen und Land. Gott hat das Volk mit Identität geehrt, mit dem Ruf des Volkes Gottes. Sie sind Augapfel Gottes und stehen unter seinem Schutz! Nicht ein Versprechen ist dahingefallen (21,45; 23,14). Obwohl längst nicht alles erobert ist, schafft Gott dem Volk „Ruhe“, den Sabbat, wie damals am 7. Schöpfungstag. Aufatmen, Auszeit zur Orientierung und Besinnung. Das brauchen wir, um die Taten und Verheißungen Gottes wahrzunehmen.

Was ist uns verheißen? Bequemes Leben ohne Krankheit und Leid? Nein, aber getragen zu werden bis ins Alter! Dass unsere Lieder von früher auch im 21. Jahrhundert Gefallen finden? Dass unsere Gruppen und Gemeinden immer Nachfolger haben? Nein, aber dass Gottes Reich nicht aufhört und Ströme lebendigen Wasser von uns fließen werden! Dass wir vor Katastrophen und Kriegen verschont bleiben? Nein, aber dass er die Welt mit ihren Ängsten überwunden hat. Wir müssen die Verheißungen kennen und davon leben. Das bewahrt vor Frust und gibt im Kampf viel Hoffnung und neue Kräfte. Diese Verheißungen müssen wir wie Josua an die nächste Generation weitergeben.

Das Geheimnis der Alltagssiege

Liest man nur Josua 21,43-45, dann könnte man denken, dass alles in bester Ordnung wäre. Doch Josua 13,1-7 und Richter 1,19-36 zeigen, dass bisher viele Feinde nicht besiegt werden konnten. Die Glaubenshelden schafften es weit besser, ihrem Land mehr Freiräume zu verschaffen. Das Problem war aber, dass die meisten Stämme das Thema halbherzig angegangen sind. Josua schreibt es den Leitern hinter die Ohren: „Achtet darauf, passt auf, erkennt die Gefahr! Ihr habt das Wort, das euch Orientierung gibt!“

Es gibt so viel Ablenkung, so viel Schwachheit, ungute Beziehungen, die wie ein Bumerang zurückschlagen. Ein brasilianisches Sprichwort lautet: „Wir verschlucken Elefanten und verschlucken uns an einer Mücke!“
Gemeint ist: Wir meistern große Herausforderungen und scheitern an Kleinigkeiten. Das gibt es auch im Glaubensleben: Bei großen Glaubensthemen sind wir gut und wissen Antworten. Wie ist es aber in der Heiligung, in der Charakterbildung? Wie halten wir es mit Vergebungsbereitschaft, Treue, Demut, Reinheit, Liebe üben, Geduld, Großzügigkeit …? Im Glauben geht es um weit mehr, als es möglichst recht zu machen. Das wäre Religion. Es geht um die Liebe zu Gott (Jos 23,11). Es geht um die Beziehung zum Vater, der unser Bestes will. Josua warnt davor, sich mit dem Feind zu arrangieren. Die Kämpfe des Alltags sind zu kämpfen, damit Gott immer mehr Raum gewinnt.

Fragen zum Gespräch
  • Was ist meine Aufgabe und was kann ich getrost Gott überlassen?
  • Welche Verheißungen können wir uns gegenseitig zusprechen?
  • Mit welchem Feind habe ich mich arrangiert, obwohl er bekämpft werden sollte?

Markus Hiller, Missionar bei der DIPM

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