Texterklärung

Rennen wir damit nicht offene Türen ein? Schließlich gibt es doch so viele treue und aktive Beter. Und doch: Wir machen und versuchen viel. Wir setzen uns ein und packen an. Wir mühen uns ab, haben mehr oder weniger Erfolg – und sind nicht selten enttäuscht und frustriert. Wie es jener Junge erlebt hat, der sich aus Leibeskräften bemühte, einen schweren Stein wegzutragen. Er brachte ihn aber nicht vom Fleck. „Hast du alles getan, was in deiner Kraft steht?“, fragte ihn sein Vater. „Ja, das habe ich!“, erwiderte der Kleine ungeduldig. „Ich glaube nicht“, sagte der Vater. „Du hast mich noch nicht um Hilfe gebeten!“

Wir sollten wagen, mit Gott intensiver im Gespräch zu sein und ihn mehr zu bitten – dazu gibt uns Jesus Hilfen. Zuerst geht es um Gott und sein Reich und dann um uns. Die folgenden Gleichnisse, Bilder und Aufforderungen sollen uns zum anhaltenden und vertrauensvollen Beten ermutigen.

Weil wir nicht zu viel beten können

Die Jünger haben bei Jesus mitbekommen, wie sehr er das Gespräch mit seinem himmlischen Vater gesucht und gebraucht hat. Das Gebet war das Zentrum und seine entscheidende Kraftquelle für alles Tun und Reden.

„Sie reden nicht mehr miteinander.“ Jeder weiß, was das im Blick auf zwei Menschen bedeutet. Da fehlt nicht nur ein bisschen was in der Beziehung. Das ist eine zentrale Störung, die durch alle sonstigen Aktivitäten und Liebesbezeugungen nicht zu kompensieren ist. Wie viel mehr ist das lebendige Gespräch mit Gott die Probe darauf, wie es um unsere Beziehung zu ihm bestellt ist. Da liegt leider so oft die Not – und Jesus weiß davon. Darum ermutigt er uns, dass wir neben und trotz allem Tun nie genug beten können. Der Reformator Johannes Calvin konnte sagen: „Wir ehren Gott am meisten, wenn wir ihn recht in Anspruch nehmen.“

Weil der himmlische Vater uns alles Notwendige schenkt

Verweigert ein Freund dem in Not Bittenden seine Hilfe? Auch wenn er ihm nicht gerade aus Freundschaft hilft, dann doch, weil er so penetrant stört und nicht locker lässt. Gibt ein Vater seinem hungrigen Sohn statt Fisch eine Schlange oder statt einem Ei eine Giftspinne? So handelt normalerweise kein Freund und erst recht kein Vater. Undenkbar, unmöglich! Um wie viel mehr wird Gott die Liebe und Fürsorge der Eltern übertreffen. Wenn man „unmöglich“ steigern könnte, müssten wir im Blick auf Gott sagen: „Noch viel unmöglicher! Am aller unmöglichsten!“ Wenn wir doch nur bitten würden.

Bittet, suchet, klopfet an! Gott will angeredet sein. Und wir sollen wieder Geschöpfe und Kinder Gottes werden, indem wir freimütig unsere Anliegen Gott vortragen und uns ganz von ihm abhängig machen und beschenken lassen. „Ja, aber …“, regt sich sicher da der Widerstand. Meine Erfahrung lehrt mich etwas anderes. Wie viele meiner Gebete sind unerhört geblieben. Ich habe es doch versucht und habe enttäuscht aufgegeben. Das bleibt eine Anfechtung und Not in unserem Glaubensleben.

Weil der himmlische Vater nur Gutes gibt

Gott gibt eben nicht immer das Erbetene, sondern nur das, was für seine Kindern wirklich gut ist! Das ist eine heilsame Feststellung von Martin Luther: „Wenn nicht geschehen wird, was wir wollen, so wird geschehen, was besser ist.“ Jesus sagt: „So schlecht, wie ihr als Eltern auch oft seid, wisst ihr doch, was euren Kindern guttut. Und ihr gebt es ihnen auch. Wie viel mehr wird der Vater vom Himmel her denen Gutes geben, die ihn darum bitten!“

Um was bitten wir nicht alles – wenn jeder auch nur seine wichtigsten Anliegen einmal aufzählen würde,
was käme da nicht alles zusammen. „Ihr seid töricht und blind, dass ihr eure tiefste Not gar nicht kennt!“, müsste uns Jesus vielleicht dann sagen. Im Grunde gibt es nur eine einzige tiefste Not in unserem Leben: Das ist die, die uns unser eigenes Herz macht. Wenn man einen anderen Geist in sich hätte – einen neuen, starken, guten Geist, dann wäre alles besser. Erst der gute Geist, den Gott gibt, schenkt uns die Vergebung unserer Schuld. Er schafft die Beziehung zu ihm. Er legt in unser Herz den Frieden mit Gott hinein. Und er weckt die gewisse Hoffnung auf das ewige Leben. Gott hat das Beste für uns bereit – beten wir darum!

Fragen zum Gespräch
  • Von welchen ermutigenden Gebetserfahrungen, aber auch von welchen Enttäuschungen können wir uns erzählen?
  • Was könnte der tiefere Sinn sein, dass Jesus die Jünger lehrt, Gott als „Vater“ anzureden?
  • Welche Ermutigung Jesu hilft uns heute, dass wir das große Geschenk des Gebets wieder neu entdecken und praktizieren wollen?

Martin Rudolf, Gemeinschaftspastor

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