Texterklärung

Die Ermahnung zu einem gottgefälligen Lebenswandel ist das Thema von Epheser 5,1-20. Damit führt Paulus inhaltlich das fort, was er in Kapitel 4 bereits begonnen hat darzulegen. Dabei zeigt sich, was uns in den Paulusbriefen immer wieder begegnet: Sein fordernder Aufruf zu einem aktiven Leben nach Gottes Maßstäben auf der einen Seite, genauso wie eine konsequente Verankerung dieses Lebensstils in dem, was Jesus Christus für uns getan hat, auf der anderen Seite.

Wir sind Gottes Kinder

In jedem der Texte, die Paulus geschrieben hat, schimmert sein Kernanliegen hindurch: Dass wir als Christinnen und Christen durch den Glauben allein aus Gnade erlöst und gerettet sind. Nimmt man den vorausgehenden Vers Epheser 4,32 mit in den Blick, ist der folgende Abschnitt gleich drei Mal in dieser theologischen Grundwahrheit verankert. „Vergebt einander, so wie auch Gott in Christus euch vergeben hat“ (4,32) und „wandelt in Liebe, wie auch Christus uns geliebt hat“ (V. 2), betont Paulus. In Vers 1 wird dies auf andere Weise ausgedrückt. Die Glaubenden sollen Nachahmer Gottes sein. So weit, so gut. Entscheidend ist das kleine Wörtchen, das darauf folgt. Wir sollen nicht etwa Nachahmer Gottes sein, um Kinder Gottes zu werden, sondern wir sollen Nachahmer Gottes sein als seine Kinder. Das heißt, wir ahmen Gott nach, leben in der Heiligung, führen ein gottgemäßes Leben, orientieren uns an seinen Maßstäben (man nenne es, wie man wolle), weil wir Gottes Kinder sind.

Erst der Weinstock, dann die Rebe

Der Lebensstil, den Paulus von uns Christen fordert, ist keiner, um sich als vermeintlich „besserer“ Mensch
Ansehen bei Gott zu erwerben. Es ist der Lebensstil eines Menschen, dessen Herz vom Evangelium von Grund auf verändert wurde. Das ist Leben allein aus Gnade. Das ist das Ich-bin-Wort Jesu vom Weinstock und den Reben (Joh 15,5) ins Leben übersetzt: Weil wir in Jesus verankert sind, deshalb wollen und können wir ein verändertes, Früchte tragendes Leben führen (vgl. V. 9). Es ist nicht alles Gott, was glänzt
In der Folge verdeutlicht Paulus, was es heißt, als Kinder Gottes zu leben. Dabei beginnt er mit einigen konkreten Beispielen (V. 3-5), ehe er allgemeiner darüber nachdenkt (V. 8-11). Unzucht, Unreinheit und Habsucht sind dabei wohl klassische Themen der „volkstümlichen“ jüdischen Ethik der damaligen Zeit. Welche Themen würden wohl in dem Brief stehen, wenn er heute verfasst würde? Was ist unser „Götze“, nachdem wir unser Leben wie „Götzendiener“ (V. 5) ausrichten? Der amerikanische Pastor Timothy Keller liefert hier einen Hinweis, über den es sich nachzudenken lohnt: „Einen falschen Gott kann man daran erkennen, dass einem das Leben sinnlos vorkäme, wenn er nicht mehr da wäre“ (Timothy Keller: Es ist nicht alles Gott, was glänzt. Was im Leben wirklich trägt, Gießen 2018, S. 18).

Ein Unterschied wie Tag und Nacht

Wie gewichtig der Appell von Paulus ist, zeigt die Licht- Finsternis-Metapher, die er entfaltet. Hier sehen wir eine Verbindung vom Epheserbrief zum Johannesevangelium, in dem das Leben im Licht bzw. in der Dunkelheit ebenfalls für das Leben mit bzw. ohne Gott steht (vgl. Joh 1,4f.; 12,35f.). Dort wie hier gilt: Wer im Licht lebt, lebt verändert! Das erkennt man an den fruchtbaren Auswirkungen, die Paulus nennt: Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit (V. 9; vgl. Gal 5,22f.). So eindrücklich der Gegensatz von Licht und Finsternis ist, so unspezifisch bleibt dieses Bild. Für Paulus allerdings scheint es kein Problem zu sein, dass die Gemeinden hier selbst nachdenken müssen, im Gegenteil. In Vers 10+17 ermutigt er die Christen zum Mitdenken. Paulus fordert und fördert ein lebendiges, sich im Lebenswandel zeigendes Christsein und ein mündiges, mitdenkendes Christsein gleichermaßen! Mit Vers 18-20 endet der Abschnitt effektvoll: Wer sein „ausschweifendes“ Leben ohne Gott hinter sich lässt und stattdessen vom Geist Gottes verändert (V. 18) lebt, dessen Leben führt zum Lobpreis Gottes (V. 19f.). Mit Gott wird aus Dunkelheit helles Licht!

Fragen zum Gespräch
  • An welchen Punkten stehen wir in der Gefahr, in unserem Streben nach einem „gottgefälligen Leben“ die Gnade aus dem Blick zu verlieren?
  • Oder sieht man umgekehrt unserem Leben nicht (mehr) an, dass wir Gotteskinder sind?
  • „Einen falschen Gott kann man daran erkennen, dass einem das Leben sinnlos vorkäme, wenn er nicht
    mehr da wäre.“ Auf wen oder was in unserem Leben trifft das zu?

Jonathan Bühler, Theologe und Personalmanager bei Coworkers

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