Texterklärung

Jesaja – ein Mann zwischen persönlicher Gottesbegegnung und Entsetzen über die Zustände in seinem Volk. Ein Mann mit Herz, der mit offenen Ohren und Augen vieles durchlebt und sicher auch durchlitten hat. Und da ist Gott, der das Jesaja alles zugetraut hat. Jesaja – der Mann Gottes, dem sich dadurch zwei Perspektiven auf sein Volk eröffneten: Unheil und Heil, Gericht und ebenso Gnade. Ein Mann, der beides predigen durfte, grausame Gerichtsbilder und ebenso barmherzige Zukunftsperspektiven, die bis heute lebendig und noch offengeblieben sind. Das erste Kapitel beschreibt das Programm des ganzen Buches: Gericht und Gnade.

Die Kritik (Vers 2-3 + 10-17)

Jesaja wendet sich an sein Volk und deckt alles auf, was gerade bzw. seit Jahren alles falsch läuft. Er macht
deutlich, dass alles, was sie leben, im stetigen Widerspruch zu Gottes Lebensregeln im Gesetz steht. Gott lässt Himmel und Erde Zeugen sein von dem, was gerade geschieht. Ja, Himmel und Erde sind Zeugen in
einem Gerichtsprozess. Die Schöpfung – „Gott sei alles in allem“ – ist Zeuge (vgl. 1Kor 15,28)! Gott bezieht die Geschichte Israels auf sich selbst: „Ich habe Kinder groß gezogen und hochgebracht!“ Er bindet sich mit ein und macht deutlich: „So habe ich mir das nicht vorgestellt! Ihr seid abgefallen! Ihr habt euch von mir abgewendet und folgt dem eigenen Willen und sucht eure Identität in Dingen, die euch keinen Halt geben.“ Ochse und Esel sind dabei als Bild zu verstehen: Ein Tier kommt immer an seinen Futterplatz zurück. Da bekommt es alles, was es zum Leben braucht. Existentielle Fragen kommen auf: „Wo suchst du nach dem, was du zum Leben brauchst?“ Und: „Wer sorgt für dich?“

Da ist das Leben manchmal wie eine windschiefe Hütte in einem ungepflegten Weinberg (V. 8). Eine Hütte, die es gerade noch schafft, erahnen zu lassen, welche ertragreichen Jahre der Weinberg hatte. Wie lebendig die Besitzer und deren Angestellten ihn hegten und pflegte und wie sie nach der Ernte ihren Ertrag in rauschenden Festen gemeinsam genossen.

Das Gericht (Vers 4-9 + 18-20)

Gott klagt an und macht deutlich: „An euch ist von Kopf bis zur Fußsohle nichts Gutes! Wohin soll ich euch noch schlagen, damit ihr kapiert, wie fern ihr von mir seid!“ Das „Wehe“ kommt einem „Wehklagen“ in der Trauerzeit gleich. Gott ist tief traurig über den Zustand seines Volkes. Alles scheint aussichtslos für den Menschen, aber hier scheint eines schon deutlich durch: Es braucht „einen“ Retter! Ein Retter, der der Perspektivwechsel in Persona sein wird. Einer, der das gebrochene Verhältnis zwischen Menschen und Gott, wiederherstellt. Ja, der Frieden in die Herzen der Menschen bringt, damit sie wieder erleben dürfen, welche großartige Fülle in der Barmherzigkeit Gottes steckt. Klar, man ist leicht versucht, mit dem Finger auf das Volk zu zeigen, weil man sich fragt: Wieso haben sie es so weit kommen lassen? Warum nur kehren sie Gott den Rücken zu? Vorsicht! Die Geschichte des Volkes ist ganz klar auch unsere Geschichte. Hand aufs Herz! Wo brauche ich den Perspektivwechsel?

Das barmherzige Angebot (Vers 16-19)

„Wascht euch!“ Geh erstmal baden und dann sieht die Welt gleich wieder anders aus! Gott möchte Nachfolger, die sich waschen lassen. Er möchte die Wunden verbinden und die trauernden Herzen trösten. Aus eigener Kraft heraus schaffen wir das nicht! Aber: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, denn ich will euch erquicken!“ (Mt 11,28). Gott handelt an seiner Gemeinde und zeigt Möglichkeiten der Umkehr auf. Und eröffnet wahrhaft erquickende, beziehungsfördernde Imperative: „Lasst ab vom Bösen, lernt Gutes tun! Trachtet nach Recht, helft den Unterdrückten, schafft den Waisen Recht, führt der Witwen Sache!“ Das steht im ganzen Gegensatz zum „Wehe“ in Vers 4. Wo Gott reinigt und aus blutroter Sünde schneeweiße Wolle wird, da heilen nicht nur einzelne Herzen, sondern da heilen Beziehungen unter seinen Menschen. Ja, sie werden wieder sozial lebensfähig und sehen nicht nur sich, sondern vielmehr ihr Gegenüber.

Fragen zum Gespräch
  • Wo braucht mein Leben einen Perspektivwechsel?
  • Wo stehe ich manchmal wie eine windschiefe Hütte in der Weltgeschichte herum?
  • Wer versorgt mich?
  • Wie versorgt Gott uns?
  • Was braucht mein Gegenüber, um „heil zu werden“? Wie kann ich dienen?
Gestaltungsidee

Kartenhäuser oder Kekshäuser (die Hütte im Weinberg) bauen, einmal ohne – aus eigener Kraft – und dann mit – externer Kraft – Leim/ Zuckerguss. Ziel: Ich kann vieles nicht aus eigener Kraft, auch wenn ich mich noch so abmühe. Aber Gott kann mir Festigkeit in meinem Leben verleihen, wenn ich mich auf ihn verlasse!

Danny Mitschke, Gemeinschaftspastor

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