Texterklärung
Weinstock – Zeichen des Idealzustandes in Frieden, Sicherheit und Wohlstand. Der erste Weinbergbesitzer war Noah. Zur Zeit der Erzväter und Richter hatte das Volk in der Unruhe der Kriege keine Zeit, einen Weinberg zu bearbeiten und zu pflegen. Zur Zeit der Könige lesen wir: „… sodass Juda und Israel sicher wohnten, jeder unter seinem Weinstock, …solange Salomo lebte.“ (1Kö 5,5).
„Zebaoth“ (z. B. in V. 7) meint eine größere Schar, ein großes Heer. Die gängige Übersetzung ist darum der
„Herr der Heerscharen“. In 1. Samuel 17,45 spricht David „im Namen des Herrn Zebaoth, des Gottes des Heeres Israels“ zu Goliat. Gleichzeitig kennen wir den „Herrn der Heerscharen“ als erbarmenden Gott (vgl. Mal 3,17; Ps 80,20). Gottes Allmacht steht im Kontrast zu seiner Schwäche und Liebe zu Israel. Anstatt, dass er sich durchsetzt, hofft er auf Einsicht und Umkehr. Damals wie heute.
Der Freund hat alles richtig gemacht
In Liedform erzählt Jesaja von seinem Freund als Weinbergbesitzer. Er gibt seinem Weinberg fette Höhen
und einen guten Platz an der Sonne. Beim Umgraben macht er den Boden locker, entfernt Störendes, damit gut gepflanzt werden kann. Edle Reben sollen wachsen mit den besten Voraussetzungen und Mitteln. Durch den Turm soll der Weinberg behütet und beschützt werden. In die Kelter soll das Volk seine Gaben bringen und Gott für seine Liebe mit Opfer und Dank anbeten.
Alles scheint richtig gemacht worden zu sein, der Freund hat nichts vergessen. Doch trotz aller Mühe kommt keine Frucht. Vielleicht macht Jesaja eine Pause und fragt die Fachleute. Es hätte doch funktionieren sollen. Er macht es wie Nathan bei David (2Sam 11+12). Die Fehler sieht man bei anderen besser als bei sich.
Nun soll Gericht gehalten werden
Vielleicht haben die Hörer über Gottes Urteil genickt (V. 5+6). Nun will der Freund befehlen, dass der Regen aufhört. Wird hier den Hörern klar, dass Gott der Freund ist und Israel der Weinberg? Wem verdankt das Volk die Freiheit, Grund und Boden, Wohlstand und Frieden? Wie geht es mit den Gottesgaben um? Nun trifft Jesaja bei den Hörenden ins Herz: Der Weinberg ist das Haus Israel, die
Trauben seid ihr! Regeln und Recht werden gebrochen. Es herrscht keine Gerechtigkeit, niemand trägt zum Frieden bei.
Der Weinberg soll verwüstet, zertreten und sich selbst überlassen bleiben. Dies ist das schlimmste Urteil, das Gott fällen kann. Das Königtum wird abgeschafft, Israel wird aus dem gelobten Land weggeführt und der Tempel zerstört. Kann es da noch Hoffnung geben? Anstatt, dass das Volk von einer besseren Gerechtigkeit regiert wird (vgl. Mt 5,20), lebte es wie die Heiden, auf Kosten der anderen. Die einen im Protz, die anderen im Leid. Dabei sind die Weherufe in V. 8-30 Warnung und Hinweis auf Gottes Leiden. So viel hat Gott mit Geduld und Liebe investiert. Und wie geht sein Volk damit um? Nun sind Gottes Möglichkeiten ausgeschöpft, so scheint es.
Gibt’s noch Hoffnung?
Gerade bei Jesaja wird Gottes Gnade und Liebe deutlich. Gott verschleudert sein Eigentumsrecht nicht. Israel bleibt Gottes Weinberg. Gott kann sich von seinem Volk nicht abwenden. In Jesaja 27,2-6 lesen wir in einem weiteren Weinberglied, wie Israel den Erdkreis mit Frucht erfüllt. Jesus bezeichnet sich als Weinstock, der ins Volk Israel gepflanzt wurde (Joh 15,1f.). Während Israel es nicht schaffte, Gott gehorsam zu sein, blieb Jesus dem Vater in allem gehorsam.
Für Christen gilt es genauso
Jesaja steht mit seiner Botschaft unter uns. Elitärer und stolzer Glaube bringt nicht weiter. Unser Leben ist beschenkt von „fetten Höhen“, von Segnungen Gottes. Und wir sind genauso ichbezogen und lieblos. Es ist
verkehrt, an einer Situationsbeschreibung stehen zu bleiben. Jesus bringt als rechter Weinstock im Weinberg Gottes gute Frucht. Er lädt uns ein, dass wir als Rebe mit ihm, dem wahren Weinstock, verbunden sind. Wenn wir als Rebe zu ihm kommen, uns reinigen lassen und an ihm bleiben, bringen wir gute Frucht.
Gottes Größe
Als Herr der Heerscharen fordert er nicht Gehorsam wie ein General. In seiner Liebe tut er alles, damit wir
Frucht bringen können. Was müssen wir tun? Mit Jesus verbunden bleiben. „Weinstock hilf, dass diese Rebe auch im Glauben dich umgebe.“
Fragen zum Gespräch
- Der Weinberg ist gut ausgerüstet (mit Turm, Regen, Zaun …). Womit hat Gott uns als Gemeinde und uns persönlich ausgerüstet, um Frucht zu bringen?
- Schickt Gott heute noch Menschen, die uns an die erwartete Frucht erinnern?
- Arbeit im Weinberg ist nötig, damit Frucht wächst. Doch Arbeit allein bringt keine Frucht. Wo besteht die Gefahr, Arbeit mit Frucht zu verwechseln?
Albrecht Rothfuß, Gemeinschaftsreferent