Texterklärung

Heute geht es um Jesajas Berufung. Ob sie zeitlich entsprechend der Kapitel stattfand oder eine Rückblende ist, geht aus dem Text nicht hervor. Fest steht, dass sie im Jahr des Todes von Usija, König des Südreichs Juda, stattfand. Hatte Jesaja im Tempel sitzend eine Vision? Oder irgendwo anders? Wurde er in den himmlischen Thronsaal entrückt? Wir erfahren es nicht. Wichtig ist nur: Jesaja hatte eine Gottesbegegnung, die sehr real gewesen sein muss und ihn verändert hat.

Heilig, heilig, heilig (Vers 1-5)

Jesaja beschreibt Gottes Herrlichkeit, die den ganzen Raum füllt und Bild für Gottes unfassbare Größe ist.
Darüber schweben Serafim (Engelswesen), die gottesfürchtig Gesicht und Füße bedecken. Auffallend ist auch die Zahlensymbolik: 3 Serafim mit 3 Flügelpaaren rufen 3 Mal „Heilig“. „3“, die Zahl der Dreieinigkeit und der Vollkommenheit. Das Rufen führt zu einem Beben, der Tempel füllt sich mit Rauch und verhüllt die Sicht auf Gott. Seine Herrlichkeit ist nicht auszuhalten, daher begegnet Gott im Alten Testament Menschen oft im Zusammenhang mit Rauch oder einer Wolke (z. B. 2Chr 5,13; 2Mo 24,15; 2Mo 33,20).

Jesaja flasht die Begegnung so sehr, dass er glaubt, sterben zu müssen. Seine Unreinheit und Unvollkommenheit werden ihm in Gottes Licht unweigerlich vor Augen geführt. Er bekennt seine Sündhaftigkeit und die des ganzen Volkes. Dies erinnert an Petrus` Begegnung mit Jesus in Lukas 5,8. Anders war dies beim bereits genannten Usija, einem erfolgreichen König, der tat, was Gott gefiel. Jedoch wurde er überheblich und wollte eigenmächtig Räucheropfer im Tempel darbringen. Mit der Räucherpfanne in der Hand, vor dem Räucheraltar in Anwesenheit der Priester, bekam Usija Aussatz. So musste er den Rest seines Lebens abgeschieden verbringen (2Chr 26). Diese Gegensätze stehen sich gegenüber: Jesaja erkennt und bekennt seine Schuld und die des ganzen Volks, als er vor Gott steht. Usija dagegen wird sauer, weil er nicht einsieht, dass er etwas tut, wofür Gott ihn nicht vorgesehen hat. Seine Erkenntnis kommt, als er den Aussatz entdeckt: Er verlässt den Tempel und betritt ihn nie wieder.

Reinigung und Berufung (Vers 6-8)

Ein Seraph reinigt Jesaja mit einer glühenden Kohle vom Altar von seiner Schuld. Usija wollte auf dem Altar selbst opfern, doch Jesaja muss sich nicht selbst reinigen, der Seraph kommt ihm entgegen. Ebenso kam Gott uns auch in Jesus entgegen, als Rettungsangebot für alle. Denn Schuld braucht Vergebung und nur Gott kann den Weg dazu frei machen. Eine einzige Kohle reinigt Jesaja. Ein einziges Opfer vor 2000 Jahren befreit uns alle. Die Reinigung erfolgt über den Mund, da dieser ausdrückt, was im Herzen ist (vgl. Jak 3 und Mk 7,15).

Jesaja lässt dies über sich ergehen. Wir erfahren nichts über seine Gefühle. War die Reinigung schmerzhaft? Hatte er Angst? Wie hat er sich danach gefühlt? Er beschreibt den Vorgang sachlich mit dem Ergebnis: Nach dem Bekennen wurde seine Schuld von ihm genommen ohne eigenes Zutun. Nachdem dies geschehen ist, spricht Gott selbst und fragt nach einem Boten. Jesaja stellt sich bedingungslos zur Verfügung. Er fragt nicht nach dem Auftrag oder versucht sich herauszureden. Jesaja ist „gereinigt“ und somit in der Lage, diese Aufgabe auszuführen. Auch hier besteht wieder eine Parallele zu Petrus, der Jesus sofort nachfolgt (Lk 5,11).

Der Auftrag (Vers 9-13)

Gott sendet Jesaja nun. Doch seine Worte sollen nicht zu Umkehr und Heilung führen. Er weiß von Anfang an, dass seine Botschaft aus menschlicher Sicht erfolglos sein wird. Doch die Wahrheit muss ausgesprochen werden, auch, wenn sie nicht zu Veränderung führt. Bei diesem Auftrag könnte man vermuten, dass Jesaja seine mutige Meldung nun bereut und versucht, sie zurückzuziehen. Er könnte mit Gott verhandeln, wie Abraham es tat. Doch Jesaja widerspricht nicht. In Gottes Gegenwart scheint er nur die eine Frage zu haben: „Herr, wie lange?“ Gott zeichnet ein sehr hoffnungsloses Bild: Alles wird zerstört werden, selbst das, was übriggeblieben ist. Das Unrecht wird sich selbst zerstören, die Gottlosigkeit des Volkes wird zu dessen Ende führen. Diese „Reinigung“ klingt deutlich schmerzhafter, als die des Jesaja. Doch der symbolische Stumpf wird bestehen bleiben, wie ein heiliger Same. Diese Hoffnungsbotschaft wird in Kapitel 11 weitergeführt.

Fragen zum Gespräch
  • Wann hatte ich zuletzt eine Gottesbegegnung? Was habe ich daraus mitgenommen?
  • Wo brauche ich „Reinigung“?
  • Bin ich bereit, bedingungslos „Ja“ zu Gott und seinem Auftrag für mich zu sagen?
  • Welchen Auftrag dürfte Gott mir nicht geben?

Theresa Haizmann, Sozialpädagogin und Jugendreferentin

Diesen Beitrag teilen