Texterklärung

Offenbarung 12 ist Teil eines Einschubs zwischen den Gerichtszyklen. Dieser Einschub handelt von den zusätzlichen Angriffen und Leiden, die die Gemeinde Jesu im Vergleich zu den übrigen Erdbewohnern erfahren muss. Dass die Offenbarung die Ereignisse nicht chronologisch berichtet, zeigt gerade dieses Kapitel, das einen Längsschnitt durch die Geschichte darstellt.

Wer ist die Frau?

Eine schwangere Frau steht kurz vor der Entbindung und leidet unter starken Wehen. Sonne, Mond und Sterne begleiten ihre Erscheinung. Die Sterne auf dem Kopf können als Engel bzw. als Menschen verstanden werden, die Leitung ausüben (vgl. Offb 1,20). So erinnert der Kranz aus 12 Sternen zum einen an die 12 Stämme Israels (AT), zum anderen an die 12 Apostel (NT).

Ihr Sohn wird als Herrscher beschrieben, der die ganze Welt wie ein Hirte fürsorglich „weiden“ oder „hüten“ wird (Urtext). Der eiserne Stab steht für seine beständige Herrschaft, eine Regentschaft, die auch Gericht beinhalten wird. Dies und die Himmelfahrt zu Gott weisen auf Jesus Christus hin, der sich als den guten Hirten beschreibt und als ewiger, richtender Weltenherrscher wiederkommen wird.

Die Frau muss demnach Maria, die Mutter Jesu sein. Wie so oft in den prophetischen Voraussagen weist das Bild aber weit über die konkrete Situation hinaus. So beschreibt Vers 17 die weiteren Nachkommen der Frau als die zu Jesus gehörende Gemeinde (vgl. Eph 3,6). Die Frau kann also Maria sein, die als Prototyp der glaubenden Gemeinschaft vorgestellt wird, oder die Gemeinde Jesu selbst, die geschützt und versorgt wird.

Wer ist der Drache?

Die Identität des Drachen wird klar beschrieben: Er ist „die alte Schlange“, der Teufel, der Satan, der Verführer, der Verkläger der Gläubigen. Mit seinen sieben gekrönten Köpfen (7 = göttliche Zahl) und seinen zehn Hörnern (10 = Zahl der Weltreiche) präsentiert er sich als legitimer Weltenherrscher und wird von Jesus „der Fürst dieser Welt“ genannt (Joh 12,31). Zu ihm gehört eine Engel-Gefolgschaft.

Der Kampf des Drachen

Zwei Zeichen erscheinen am Himmel: Die Frau und der Drache, der ihr Kind fressen will. Er weiß, dass die
Geburtswehen von Jesu erstem Kommen eine ernsthafte Bedrohung für ihn darstellen. Doch Jesus wird vor ihm bewahrt.

Ursprünglich beginnt der Drache seine Revolte gegen Gott im Himmel (vgl. Hiob 1,6). Er ist Gott untergeordnet – das steht von Anfang an fest. Seine Auflehnung beginnt damit, dass er ein Drittel der Sterne auf die Erde schleudert – ein Drittel der Engel werden also vom Feind verführt und folgen ihm von nun an (vgl. 2Petr 2,4; Jud 6). Er ist es, der mit dem Hinunterwerfen auf die Erde beginnt.

Aber mit Jesu Tod, Auferstehung und Himmelfahrt fällt der, der als Schlange der Auslöser des Sündenfalls war, nun selbst. Er selbst wird auf die Erde hinuntergeworfen. Im Himmel kann er nun niemanden mehr verklagen. „Er ist entrechtet, nur noch nicht ganz entmächtigt“ (Fritz Grünzweig). Auf der Erde ist dafür „der Teufel los“. Bei der Verfolgung der Frau kommt es zum Kampf der Naturgewalten. Die Schöpfung ist – wie auch sonst in der Offenbarung – in den Machtkampf und in das Gerichtshandeln Gottes mit einbezogen. Gott selbst bleibt – außer in Gestalt seiner Engel – im ganzen Kapitel im Verborgenen. Und doch ist er der, der die Frau schützt und versorgt und ihr die schwierige Zeit verkürzt. Die 1260 Tage sind 3,5 Jahre (V. 14) und stehen dafür, dass Gott die eigentliche Vollzahl (7) verkürzt, um derer willen, die zu ihm gehören. Und wir? Wir stecken mitten drin in dem Krieg, den der Drache mit der Gemeinde Jesu als den Nachkommen der Frau führt.

Sinn und Ziel

Wozu dieser langwierige Showdown, wie ihn die Offenbarung berichtet? Und warum lässt Gott „den Fürst
dieser Welt“ eine gewisse Macht auf der Erde ausüben? Gott schränkt die Ausübung seiner Allmacht eine Zeit lang ein, bis er mit dem zweiten Kommen Jesu alle Macht im Himmel und auf Erden sichtbar und umfassend zeigen wird. So lange mutet Gott uns Kampf und Verfolgung zu. Sind wir Nachkommen der Frau, dann sind wir „Miterben mit Christus. Dazu gehört allerdings, dass wir jetzt mit ihm leiden; dann werden wir auch an seiner Herrlichkeit teilhaben“ (Röm 8,17). Wir leben also in einer Zeit, in der sich unser Glaube bewähren muss, und eine klare Positionierung, wem wir unser Leben leben, nötig wird. Wir haben seine Vergebung, seinen Geist und seine Gnade, die uns erhält und trägt. Solange wir Jesus bezeugen und unser Leben ihm zur Verfügung stellen – auch wenn es Schwierigkeiten mit sich bringt – brauchen wir keine Angst zu haben (V. 11)!

Im Himmel wird der Triumpf mit Jesu Auferstehung schon gefeiert: „Nun ist das Heil und die Kraft und das
Reich unseres Gottes und die Macht seines Christus gekommen.“ (V. 10). Der Sieger steht fest. Wir b brauchen nur Geduld, bis das für alle Welt klar ist.

Fragen zum Gespräch
  • Wo erkennen wir in unserer Zeit das Handeln des „Fürsten dieser Welt“?
  • Wer scheinen die Sieger in unserer Welt zu sein?
  • Beängstigt, fasziniert oder tröstet das beschriebene Szenario auf den ersten Blick?

Lydia Schneckenburger, Kinder- und Jugendreferentin

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