Texterklärung

Paulus sitzt wieder einmal im Gefängnis in Rom und er weiß wohl, dass sein Ende bevorsteht. Aber nicht Angst und Sorge um sich selbst treiben ihn an, sondern seine Fürsorge um Timotheus, seinen engsten Mitarbeiter. Er ist ja sein Ziehsohn, der durch ihn zum Glauben an Jesus gefunden hat, dem er segnend seine Hände aufgelegt hat und dem er jetzt Wegweisung geben will – persönlich, konkret und liebevoll. Paulus weist Timotheus darauf hin, nicht vom Evangelium der Gnade abzuweichen und in die Gesetzlichkeit zurückzufallen.

Timotheus

Er war etwa 30 Jahre alt und schon der engste Mitarbeiter von Paulus. Timotheus ist bi-kulturell aufgewachsen. Sein Vater war Grieche und seine Mutter Eunike eine gläubige Jüdin, wie auch seine Großmutter Lois. Das hat in der jüdischen Gemeinschaft bestimmt Probleme verursacht. Von klein auf ist Timotheus im Glauben unterrichtet worden – darüber darf er sich freuen und dankbar sein. Wie schön ist es doch, wenn wir schon im Elternhaus einen lebendigen Jesusglauben erleben dürfen. Es kann unser Leben prägen und wir können immer wieder als Ressource darauf zurückgreifen.

Timotheus war in seinem Wesen ganz anders als Paulus: Er war ein vorsichtiger, schüchterner und sensibler junger Mann. Der Abschied von Paulus hat ihn zu Tränen gerührt und doch hat der Apostel sein Potential gesehen und ihn als Leiter eingesetzt.

Wie bereichernd ist es auch für unsere Gemeinden und Gemeinschaften, wenn die Älteren die Gaben und
Talente der Jüngeren erkennen und ihnen auch verantwortungsvolle Leitungsaufgaben übergeben – mit
tatkräftiger Unterstützung und Gebet!

Paulus

Als großer Glaubenskämpfer zeigt er in diesem Text bestes seelsorgerliches Handeln. Paulus macht alles mit totaler Hingabe und vollem Einsatz, manchmal auch harten Worten. Hier in diesen Versen zeigt sich seine seelsorgerliche Art: verständnisvoll, liebevoll und ganz klar. Der Apostel will Timotheus aufbauen und wünscht sich für ihn, dass sie sich nochmals begegnen könnten.

Wenn wir anderen Mut machen wollen, dann reicht manchmal nicht nur ein Telefonat oder ein kleiner Gruß. Da ist persönlicher Einsatz gefragt, ein Gespräch unter vier Augen in vertrauter Umgebung. Was muss es Paulus doch gekostet haben, in einem der schlimmsten Gefängnisse zu sitzen, auf den Tod zu
warten und nicht in Selbstmitleid zu versinken?

Die 3-Schritte-Seelsorge von Paulus

1) Segenszusage:
Paulus sagt: „Ich wünsche dir Gnade, Barmherzigkeit und Frieden!“ Das hat er selbst erlebt und er weiß, wie wichtig diese Zusage in seinem und unserem Leben ist. Wir könnten uns da von Paulus abschauen und angewöhnen, den Segen unseres Heilandes anderen ganz bewusst zuzusprechen.

2) Positives anerkennen:
Ich bin fasziniert, wie viele Dinge Paulus in den wenigen Versen findet, um zu danken und es seinem Gegenüber vor Augen zu stellen:

  • Er denkt und dankt im Gebet an Timotheus.
  • Er denkt an seinen Abschiedsschmerz und wünscht sich, ihn nochmals zu sehen.
  • Er freut sich über seinen Glauben.
  • Er stellt dankbar die Familie von Timotheus in den Vordergrund.
  • Er erinnert Timotheus nochmals ganz eindrücklich, die großen Taten Jesu in seinem Leben zu sehen.

Auch hier kann mir Paulus zum Vorbild werden, die schönen Ereignisse, Lebensgeschichten und Begegnungen aller Art ins rechte Licht zu stellen. Wir haben so viel Grund, dankbar zu sein. Das darf immer wieder eingeübt werden und dann werden wir auch als fröhliche Menschen wahrgenommen.

3) Klare Worte:
Paulus schimpft nicht, ist nicht entrüstet – das Glaubensfeuer brennt ja, aber nur noch auf ganz kleiner Flamme. Die Flamme braucht Sauerstoff, um wieder eine helle Flamme zu werden. Die frische Luft des Heiligen Geistes muss auch unseren Glauben immer wieder anfachen, damit wir Wärme und Licht abgeben können.

Timotheus, du brauchst dich auch nicht zu schämen, weder für das Evangelium, noch für mich, weil ich als dein väterlicher Freund im Gefängnis sitze. Paulus, der sich seiner Berufung so sicher ist, kann alles geben
und er zeigt auch seinem Gegenüber die Möglichkeit, um auch „dran“ zu bleiben: „Erinnere dich an deine
Vorbilder. Wie leben die ihren Glauben und bleiben fest und nah mit dem Evangelium und Christus verbunden.“

Wenn wir mutlos und verzagt sind, gerade wenn wir die gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen
betrachten, dann sollen wir uns wie Timotheus ganz neu und fest an Jesus klammern. Und der Heilige Geist wird uns stärken und trösten, das hat er uns zugesagt.

Fragen zum Gespräch
  • Gibt es Menschen, die im Glauben und Leben mit mir unterwegs sind und auch mal Klartext reden
  • Was mache ich, um die Flamme meines Glaubens immer wieder neu zu entfachen?
  • Welcher Geist bestimmt mein Leben? Ist es Furcht, Kraft, Liebe oder Besonnenheit?

Wilbirg Rossrucker, Leitung HoffnungsHaus Stuttgart

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