Worum es geht
Rut 2 erzählt vom Kennenlernen von Rut und Boas: Eine Frau, die sich ihrem Schicksal nicht ergibt, sondern sich voller Hoffnung und Entschlossenheit für eine bessere Zukunft einsetzt. Und ein Mann, der seine Position und seinen Reichtum so einsetzt, dass er Gott damit ehrt und ein Segen für künftige Generationen wird. Was wie eine Aneinanderreihung von Zufällen erscheint, entpuppt sich als eine Fügung aus Gottes Hand, der die Umstände in seine Heilsgeschichte verwebt.
Rut – eine charakterstarke Frau mit hohen Werten
Nicht nur ihre Entschlossenheit, ihr Volk und ihre Heimat hinter sich zu lassen, um sich einem ihr fremden
Volk anzuschließen, ist beeindruckend. Auch die Treue, die sie ihrer verwitweten Schwiegermutter bis in den Tod erweist, spricht für sich. Dabei hätte sie Grund genug gehabt, den Kopf sinken zu lassen und nach dem Verlust ihres eigenen Ehemannes mit schwerem Herzen nach Hause zurückzukehren. Aber sie lässt ihren Weg nicht bestimmen von dem, was ihr genommen wurde. Vielmehr treiben die Liebe zu ihrer Schwiegermutter und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft sie an. Rut und Noomi bilden ein Generationenteam, das tief verbunden ist. Noomi spricht von Rut als „meine Tochter“ (Rut 2,2) und es heißt, Rut wäre ihr „mehr wert (…) als sieben Söhne“ (Rut 4,15).
Rut – ein gläubige Frau
Rut ist im Land Israel eine Fremde mit schwierigem Aufenthaltsstatus, denn als Moabiterin verbot ihr eigentlich das jüdische Gesetz die Aufnahme in das Volk Israel, weil beide Nationen verfeindet waren (5Mo 23,4). Das jüdische Gesetz verbot es sogar, einem Moabiter etwas Gutes zu tun (5Mo 23,7). Dass sie dennoch entschlossen war, in diesem Land einen Neuanfang zu wagen, hängt sicherlich auch mit ihrem Bekenntnis zum Gott Israels zusammen, den sie durch Noomi kennengelernt hatte. Denn dieser Gott ist eben auch ein „Gott, der niemanden bevorzugt“, der „Recht schafft der Waise und der Witwe und den Fremden liebt“ (5Mo 10,17.18). Er ist ein Gott, der seinem Volk befohlen hat, die Felder nicht bis zuletzt abzuernten, sondern etwas für die „Armen und Fremdlinge“ übrigzulassen (3Mo 19,9-19).
Boas – ein Löser
Gott wirkt im Hintergrund und so stößt Rut in ihrer mutigen Entschlossenheit und Bereitschaft zu arbeiten nicht auf irgendeinen Grundbesitzer, sondern auf Boas, einen Löser von Noomis Familie. Verstarb in damaliger Zeit ein Mann und hatte keine Kinder hinterlassen oder musste durch Verarmung der Besitz verkauft werden, so sah das jüdische Gesetz vor, dass der nächste Verwandte des verstorbenen Mannes (z. B. der Schwager) die Witwe heiraten bzw. „lösen“ sollte (Leviratsehe). Im besten Fall konnte der Löser der Witwe und ihrem verstorbenen Mann auf diese Weise zu einem Nachkommen verhelfen und somit den Namen und den Besitz des Verstorbenen sichern (vgl. 5Mo 25,5-10; 3Mo 25,23f.).
Boas – ein Ehrenmann
Er ist ein „angesehener Mann“ aus Bethlehem (V. 1+4) und lässt sich durch Ruts Herkunft oder Mittellosigkeit nicht abschrecken. Vielmehr ist auch er ein Mann, der durch Güte und Rechtschaffenheit glänzt und so lässt er sich von Ruts Mut, ihrer Treue und Fürsorge ihrer Schwiegermutter gegenüber sowie ihrem Fleiß und ihrem respektvollen Auftreten berühren. Dass sie ihm auch optisch zugesagt hat, lässt die weitere Geschichte erahnen. Jedenfalls schützt er sie vor den Blicken und Berührungen seiner Knechte und kümmert sich um ihr leibliches Wohl (V. 9). Damit erweist er nicht nur Rut und Noomi Ehre, sondern auch ihren verstorbenen Männern gegenüber, seinen Verwandten. Selbst als Rut ihm zum Greifen nah ist, übergeht er als Löser zweiten Grades nicht die Ordnungen des jüdischen Gesetzes.
Rut und Boas – im Stammbaum Jesu
Der Glaube und die feste Entschlossenheit Ruts, die Güte und Barmherzigkeit Boas‘, gepaart mit der Gunst Gottes, haben den beiden letztendlich einen Platz im Stammbaum Jesu verschafft: Ihr erster Sohn Obed wurde der Vater Isais, aus dem der König David hervorging (Mt 1,5). Die Güte, die Boas Rut gegenüber erweist, wirkt wie ein Abbild der Barmherzigkeit Gottes im Umgang mit Israel (Hes 17) bzw. mit einem jeden von uns. Wie die Umstände auch sein mögen, Gottes Gnade kommt zum Ziel!
Fragen zum Gespräch
- „Der Zufall ist das Pseudonym, das Gott wählt, wenn er inkognito bleiben will“ (A. Schweitzer) – von
welchen „Zufällen Gottes“ können wir berichten? - Wo fordert der Mut und die Entschlossenheit Ruts uns persönlich oder als Gruppe heraus, nicht beim Alten stehen zu bleiben, sondern im Glauben Neues zu ergreifen?
- Wer sind für mich die „Ruts“ und „Boas“ der heutigen Zeit?
Laura Witstruk