Texterklärung

Mit der Gemeinde in Korinth ringt Paulus darum, was es heißt, in allen Lebensbereichen als Christ zu leben. Durch eine falsch verstandene Freiheit („mir ist alles erlaubt“) und durch eine gefährliche Trennung von Körper und Geist (der Körper ist das Unwichtige, Irdische und Vergängliche; der Geist ist das Entscheidende, Bleibende und Göttliche) war es zu Fehlentwicklungen gekommen. Paulus stellt klar: Im Dienst für Gott gehören wir nicht uns selbst – auch unser Körper nicht.

Die neue Freiheit

Aus den Formulierungen von Paulus hören wir eine tiefe Betroffenheit. Dreimal kommt die vorwurfsvolle Frage: „Wisst ihr nicht?“ Mit dieser Formel erinnert Paulus gerne an den christlichen Elementar- und Taufunterricht. Und es schmerzt ihn, wenn er Christen an die einfachsten Glaubens-Grundlagen erinnern muss.

In Korinth kursierte das Sprichwort „Alles ist erlaubt.“ Da hatten die Christen vielleicht etwas falsch
verstanden, wenn er von der christlichen Freiheit gesprochen hat (z. B. Gal 5,1). Paulus nimmt das korinthische Sprichwort auf und setzt ein „Aber“ dazu. Angeblich grenzenlose Freiheit nimmt uns gefangen und macht uns kaputt. Wir können es nicht Freiheit nennen, wenn wir die Beherrschung und Gewalt über unseren Leib verlieren. Schlimm, wenn ein Auto ins Schleudern kommt. Niemand wird es Freiheit nennen, wenn er mit dem Auto quer über alle Spuren und gegen die Leitplanke oder die Böschung hinunter fährt, weil er die Gewalt über sein Fahrzeug verloren hat. Freiheit beim Autofahren erlebe ich, wenn ich möglichst in der Spur und auf dem Weg bleibe.

Das gilt auch, wo es „nur“ um den Umgang mit unserem Körper geht. Unser Leib ist nicht einfach der vergängliche und unwichtige Rest unseres eigentlichen Lebens, mit dem wir einfach machen können, was wir wollen. Auch der Leib gehört Gott und hat bei ihm Zukunft, wenn auch in neuer Gestalt („unverweslich“). Wie befreiend kann das sein, wenn ich weiß: Ich brauche nicht mehr alles auszuleben und ausprobieren und zu bekommen, weil mir alles, was zählt, schon geschenkt worden ist.

Die neue Bestimmung

Wie wir mit unserem Leib umgehen, das soll sich danach richten, was Gott noch aus ihm machen will. Und da kann Paulus unterscheiden zwischen dem Bauch und dem Leib. Ja, das stimmt, wenn ihr sagt: „Das Essen ist für den Bauch und der Bauch für das Essen. Beides hat Gott zur Vergänglichkeit bestimmt.“ Aber unser Leib ist deshalb noch lange nicht für die Unzucht da, sondern für den Herrn, der auch der Herr über unseren Körper ist.

Und er will bei uns einziehen – wir sollen seine Wohnung sein. Müssen wir da manche Räume abschließen und ihm verwehren, weil sie nicht zu ihm passen und er sie nicht sehen soll? Es geht hier wohl zuerst um sexuelle Verfehlungen – aber eben nicht nur (V. 10). Paulus erinnert an das, was mit unserer neuen Bestimmung als Christen nicht zusammenpasst. Und es gilt: Ich kann nicht billig verschleudern und
entehren, was Gott so unendlich kostbar ist. Er hat uns mit Christus teuer erkauft – als sein Eigentum. Und Gott hat mit unserem Leib noch allerlei vor. Er will noch etwas aus uns machen – wie ein Goldschmied, der einen Klumpen Edelmetall zu etwas Schönem und Kostbarem verarbeiten kann. (Das gilt übrigens auch für kranke, verfallende oder in unseren Augen missgestaltete Leiber!)

Die neue Einheit

Unser Leib – ein Tempel des Geistes Gottes. Das heißt doch: In diesen Räumen wohnt Jesus. Hier wird an Jesus gedacht, auf ihn gehört und mit ihm geredet. Und hier ist Jesus anwesend. Wer sich aber ganz eng mit Jesus, dem Herrn, verbindet, der ist ein Geist mit ihm. Kann man dann noch zu einer Prostituierten gehen und mit ihr ein Leib werden?

Nein, und dann ist es auch nicht mehr egal, was mein Hirn denkt, was meine Ohren hören und meine Augen sehen wollen. Oder wonach meine Hände greifen und wohin mich meine Füße tragen. Was meine Zunge redet und welche Lieder meine Stimme singt. Gott hat uns leibhaft geschaffen, er selbst will leibhaft in uns sein, er will uns leibhaft auferwecken. Und Gott will an unserem Leib verherrlicht sein. Alles, was wir sind, soll ihn ehren.

Fragen zum Gespräch
  • Welches Verhältnis habe ich zu meinem Körper? Was mag ich an mir? Was nicht?
  • Wie möchte ich das beschreiben, dass ich „Tempel des Heiligen Geistes“ sein darf?
  • Welche konkreten Schritte nehme ich mir vor, dass auch mein Leib Gott verherrlicht?

Martin Rudolf

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