Clemens Pritschow arbeitet in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Schwäbisch Gmünd. Im einzigen Frauengefängnis Baden-Württembergs besteht seine Aufgabe darin, die Inhaftierten für sich selbst und die Opfer ihrer Tat zu sensibilisieren. Das so genannte Opferempathie-Training hat das Ziel, die Frauen auf die Zeit nach ihrer Haft vorzubereiten. „Jede der Frauen hat Empathie. Dieses Einfühlungsvermögen hervorzuholen, ist ein wesentliches Element des Trainings“, so der 34-Jährige.

Nach einer Bewerbungsphase werden in Gruppen- und Einzelgesprächen Themen wie „Formen von Gewalt“, „Grenzen setzen“ oder auch die Auseinandersetzung mit dem Opfer der geschehenen Tat behandelt. Angestellt ist Clemens Pritschow beim Seehaus, einem Verein, der sich in der Straffälligenhilfe spezialisiert hat.

Clemens Pritschow vor der JVA „Gotteszell“ in Schwäbisch Gmünd

Auch wenn sich ein Teil der Frauen durch eine positive Beurteilung eine Verkürzung ihrer Haftzeit versprechen, ist Clemens Pritschow davon überzeugt, dass die Frauen durch die Intensität der Therapie verändert werden. Diese Hoffnung macht ihm Mut, dass seine Arbeit nicht vergeblich ist.

Auch über seinen Glauben kommt er mit den Frauen ins Gespräch. „Ich missioniere nicht, aber ich kann davon sprechen, welche Hoffnung mir der Glauben schenkt, und das ist für die Frauen wertvoll“, so der zweifache Familienvater, der seine Frau auf dem Schönblick kennengelernt hat. Dass die JVA, ein ehemaliges Kloster, ausgerechnet den Namen „Gotteszell“ trägt, war schon manches Mal ein Türöffner für gute Gespräche.

Im Gefängnis fällt es den Frauen oft schwer, offen und ehrlich zu sein. Im Gefängnis machen Gerüchte schnell die Runde. Darum ist es dem Sozialpädagogen wichtig, dass in den Gesprächen ein vertrauensvolles Klima entsteht. Entscheidend ist dabei, dass die Frauen erfahren, dass sie von den Mitarbeitenden des Trainings als Menschen und nicht als Täterinnen behandelt werden. So entsteht ein
Raum, in dem die Frauen auch über ihre Schuld sprechen und erfahren können, dass es Vergebung gibt und etwas wieder gut werden kann. Das treibt Clemens Pritschow immer wieder aufs Neue an.

Johannes Kuhn

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