In der Advents- und Weihnachtszeit sind wir ganz verschiedenen Stimmungen und Sehnsüchten ausgesetzt. Vermutlich variieren sie, je nach Lebensphase. Manches teilen wir sicher auch miteinander. In meiner Sehnsucht entdecke ich, was ich zutiefst brauche im Leben. Wovon ich wirklich lebe. Auf einiges rund um Weihnachten könnte ich verzichten. Worauf ich nicht verzichten kann und will, sind die Lieder
in dieser Zeit. Zum Beispiel das Lied von Paul Gerhardt: „Wie soll ich dich empfangen?“ Darin spiegelt sich eine Ur-Sehnsucht in meinem Leben und Glauben wieder. Wieso das so ist? Dazu ein paar persönliche Gedanken:

„Wie soll ich dich empfangen?“

Empfangen. Warten. Da sein. Das reicht. Mehr ist nicht nötig. Und ich ahne, dass hier ein Schlüssel liegt, Glauben noch einmal neu zu leben. Glaube ist zuerst und vor allem ein Empfangen. Das klingt so leicht, fällt mir aber oft so schwer. Wenn ich dieses Lied singe, eingeladen bin, genau das zu tun, werde ich jedes Mal wieder erinnert – nein, viel mehr spüre ich, dazu bin ich eingeladen: Gott selbst zu empfangen!

„Nichts, nichts hat dich getrieben zu mir vom Himmelszelt“

„… als das geliebte Lieben …“ Gottes Liebe bleibt ein Geheimnis. Verstehen werde ich sie vermutlich immer nur ein wenig. Alles, was wir erleben, ist aufgehoben in seiner Liebe. Alles! Vor allem auch das, was wir nicht verstehen, sondern nur aushalten können, weil Gott da ist – und bleibt.

„Ihr dürft euch nicht bemühen!“

„Streng dich nicht so an! Es genügt. Du genügst!“ – Das höre ich immer mit, wenn ich diese Strophe singe. Und das beschreibt nun wirklich meine größte Sehnsucht. „Ihr dürft euch nicht bemühen!“ Sich nicht abstrampeln zu müssen. So wie es ist, ist es gut.

„Das schreib dir in dein Herze“

Tja, wir wissen es schon, oder? Vielleicht geht es Ihnen auch so. Aber hilft das schon? Die Wahrheiten, die ich wirklich verstehe – muss ich „mit dem Herzen verstehen“. Dort erfassen. Deshalb wird diese Botschaft immer wieder neu „in mein Herz geschrieben“. Alle Jahre wieder! Und dort ist sie gut aufgehoben!

Und Ihre Sehnsucht?

„Was ist meine größte Sehnsucht?“ Was würden Sie auf diese Frage antworten? Vielleicht hat man Sie das noch nie gefragt. Normalerweise werden wir das auch nicht gefragt. Der Dichter Heinrich Böll hat einmal gesagt: „Der Mensch in seiner Sehnsucht ist ein Gottesbeweis!“ Wir sind uns nicht selbst genug. Wir suchen – was wir in uns selbst nicht finden. Ein Mensch, der seine Sehnsucht wahrnimmt, ist ein adventlicher Mensch.

Christiane Rösel
Landesreferentin für die Arbeit mit Erwachsenen
Schwerpunkt Frauen und kreative Verkündigung

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