Liebe Apis, liebe Freunde im Ländle und darüber hinaus!
es sind frühe Kindheitstage, die mich heute einholen: Meine Eltern laden zu einem ersten geplanten „Familienrat“ am runden Esszimmertisch ein. An den Inhalt der Gespräche kann ich mich nicht mehr erinnern, aber mein emotionales Gedächtnis ruft etwas ab: Zufriedenheit. Ich werde gehört und ernst genommen. Im Nachhinein erkenne ich, dass meine Eltern uns Kindern etwas Großartiges ermöglicht haben: Das frühe Erlernen, sich mit den Anliegen anderer auseinanderzusetzen. Konfliktfähigkeit ist kein Selbstläufer. Nur über das gemeinsame Gespräch erschließen wir uns diese Fähigkeit. Heute denke ich: Was Kinder und Familien können, sollte auch auf der großen Bühne möglich sein.
So oft so anders
Anstatt zusammenzusitzen, wird plakatiert, gepostet und gepoltert. Die beste Kontrollfrage könnte lauten: Würdest Du dies dem anderen bei einer guten Tasse Tee direkt in dieser Weise ins Gesicht sagen? Die Antwort lautet leider nicht selten: „Ich habe keinerlei Bedürfnis, mich mit dem anderen überhaupt an einen Tisch zu setzen.“ Eben – da haben wir das Problem. Der Tisch ist mehr als ein Symbol für unser Thema. Es ist der ideale Ort, um Klarheit zu schaffen. Am gemeinsamen Tisch löffelt man gemeinsam aus (der gleichen Schüssel). Wir essen gemeinsam und achten darauf, dass alles am Tisch gut verdaulich bleibt. Nicht nur die Liebe geht durch den Magen. Schwerverdauliches liegt bleischwer im Verdauungstrakt. Ein positiver Lerneffekt ist unter anderem: Wer den Mund (zu) voll nimmt, bekommt zwangsweise eine Zuhörpause verordnet.
Tischgemeinschaft
Wie ist das bei Jesus? Er sitzt gerne mit seinen Jüngern und auch mit allseits bekannten Sündern am Tisch. Klärende Gespräche finden am Tisch des Zachäus ebenso statt wie bei Martha und Maria. Nur die ganz Frommen wollen das nicht wahrhaben. Sie setzen sich nicht mit an den Tisch, beäugen selbstherrlich und bleiben die immer Rechthabenden. Ich sitze lieber mit Jesus am Tisch. Du auch? Dann sind wir wohl Sünder. Und Jünger.
Alles,
was ihr tut,
geschehe in Liebe.
1. Korinther 6,14 – Jahreslosung 2024
„Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe“ (1Kor 16,14). Das hätte ich mir auch von denen gewünscht, die Bischöfin Annette Kurschus in die Enge getrieben hatten, statt an einen Tisch zu sitzen, zu fragen und zuzuhören. Das Tischgespräch ermöglicht, miteinander statt übereinander zu reden. Hier lernt man das Streiten in Liebe, statt das Rechthaben mit (Seiten-)Hieben. Das alles schließt ein, dass man auch einmal „reinen Tisch machen“ muss. Vielleicht ist es kein Zufall, dass der Tisch der Fluchtpunkt unserer
Gottesdiensträume ist: Am „Gaben“-Tisch (bei uns Evangelischen ist es nicht der „Opferaltar“) wird
ersichtlich, was Gott uns in seiner Liebe alles auftischt: Bibel, Kreuz und Kerzen. Das bedeutet: Gottes
Wort, Jesu Versöhnung und sein Licht der Gegenwart stehen als Gaben zur Verfügung.
Im neuen Jahr wünsche ich Euch viele Möglichkeiten zu allerlei Tischgemeinschaft!
Euer und Ihr
Matthias Hanßmann,
Vorsitzender der Apis